50 Aussteller im alten England-Fährterminal lockten mit Werken zu Schnäppchenpreisen zum fünften Mal viele Besucher an.

Altonale. Schön gelegen ist das ehemalige Fährterminal am Altonaer Fischmarkt. Man blickt durch die großen Fenster der lichtdurchfluteten Halle direkt auf die Elbe. Das Ausstellungsgebäude des Kunstmarktes liegt neben dem neuen Hamburg Cruise Center inmitten der sogenannten Hamburger Perlenkette. An sich steht das Gebäude leer. Seit gestern reihen sich im Erdgeschoss rund 50 Aussteller mit ihren Kunstwerken dicht an dicht. Kunst von Malerei über Objektdesign bis hin zu Druck und Fotografie wird beim Altonale Kunstherbst angeboten. An manchen Ausstellungsständen ist das Gedränge groß.

Organisiert wird die Veranstaltung von Monika Baum. Sie ist Leiterin der Kunstaltonale, die in jedem Sommer Bestandteil der Altonale ist. Irgendwann wurde an sie herangetragen, auch im Herbst eine Kunstausstellung zu veranstalten, daraus entstand der Altonale Kunstherbst. Gestartet war man dann 2007 im ehemaligen Frappant an der Großen Bergstraße. „Das war eine richtige ‚Schradderveranstaltung’, alle zehn Minuten ging in den Räumen des früheren Einkaufszentrums das Licht aus“, erzählt Baum. In diesem Jahr stellen sie nun zum zweiten Mal hier im Ex-England-Fährterminal aus. Ziel ist die Vermittlung bildender Kunst. Diese wird hier heute mit Preisen zwischen 30 bis rund 5000 Euro angeboten.

Höhepunkt des Tages und Stimmungsanheizer ist die Kunstauktion, die um 15 Uhr beginnt. Hier kommt Kunst zu Hammerpreisen unter die Leute, wortwörtlich eben. Auktionär Gerhard Fiedler läutet das Event mit den Worten ein: „Vergessen Sie nicht: Auch Künstler brauchen Brot. Sie können hier heute richtige Schnäppchen machen, denn viele der Kunstwerke, die wir jetzt versteigern, werden in Galerien für einen viel höheren Preis verkauft“. Die Hälfte des Erlöses aus der Versteigerung kommt der Altonale zugute.

Startpreis für das erste Bild: ein Euro. Allerdings mag sich keiner der gedrängt stehenden Anwesenden für die freundlich-naive Malerei entscheiden. Auktionär Fiedler, der auch Herausgeber der Szene Hamburg ist, lässt sich nicht aus der Fassung bringen. „Versuchen wir es halt später noch einmal. Hier wird nicht aufgehört, ehe das letzte Bild verkauft ist,“ droht er der gedrängt versammelten Bietergemeinde scherzhaft.

Als nächstes ist ein auf Leinwand kaschiertes Foto unter dem Hammer. „Beach Games“ heißt es und stammt von Margarita Kazanovich. Die 35-jährige Fotografin aus Ottensen macht gerne (Elb-)Strandfotos. „Die Elbe ist mein Balkon“, sagt sie. Beim Fotografieren arbeitet sie mit starker Tiefenschärfe, daher sehen die Personen oder Strandkörbe auf den großen Fotos aus wie Miniaturen. Unter 100 Euro kostet ein Abzug, ist das Foto auf Leinwand kaschiert, geht es ab 300 Euro los. „Beach Games“ erreicht in der Versteigerung zwar die magische Grenze von 100 Euro, bleibt aber weit unter dem Wert.

„Kunst in Hamburg zu verkaufen, ist sehr schwer“ sagt Künstlerin Bärbel Navab-Pour. Der Altonale Kunstherbst sei eine gute Idee, sonst fände man kaum noch ein Verkaufsportal. „Früher gab es eine Kunstauktion in den Messehallen, aber die wurde gestrichen. Auch die Deichtorhallen bieten nur noch Hochkunst an,“ sagt die 67-Jährige. Um die 1000 Euro kosten ihre großformatigen Malereien. Auch sie hat ein Werk zum Versteigern abgegeben. Das Gemälde wird für 120 Euro an einen glücklichen Käufer übergeben, weit unter dem Marktpreis. „Der eigentliche Wert beträgt 900 Euro“, sagt die Malerin. „Aber darauf kommt es nicht an, es ist ja gleichzeitig auch eine gute Werbemaßnahme,“ ergänzt sie.

„Vor allem die günstigeren Kunstwerke laufen hier gut, bei den teuren Stücken ergibt sich der Verkauf oft erst nach der Veranstaltung“, sagt Veranstalterin Monika Baum. Regelrechte Mitnehm-Kunst bietet Andreas Jakobs. Für 35 Euro kann man bei ihm eine Tuschezeichnung/Collage aus der Reihe „Fxxk you heroes“ erstehen. Der Titel sei eine Reminiszenz an einen Buchtitel des amerikanischen Fotografen Glen Friedman, erklärt der Illustrator. Rund 300 Helden wie Lemmy von Motörhead, Klaus Kinski oder Heidi Kabel hat er auf kleine Leinwände gebracht, alles Originale in einer Auflage von 20 Stück.

Anja Blankenburg ist zum ersten Mal beim Altonale Kunstherbst und hat gerade ihren Helden Frank Sinatra bei Andreas Jakobs gekauft. „Franky“ ist neben Joe Strummer von The Clash und „Lemmy“ Kilmister von Motörhead bereits das dritte Stück ihrer Sammlung von den „Fxxk you heroes“. Die 44-jährige Medienberaterin ist Stammkundin von Jakobs, der seine Bilder unter anderem auch im Kunst-Kiosk in der Paul-Roosen-Straße verkauft. Den Altonale Kunstherbst findet sie toll. „Wer sich gerne zeitgenössische Kunst an die Wand hängt, bekommt die hier zu bezahlbaren Preisen“ sagt sie und kommt später gleich noch einmal vorbei, um „Uns Uwe“ Seeler zu erwerben, “für ihren Papa zum Geburtstag”.

Im nächsten Jahr soll es nach Wunsch der Veranstalter weitergehen in den schönen Räumen des ehemaligen England-Fährterminals an der Van-der-Smissen-Straße 4. „Wir haben diese Bitte zumindest an das Bezirksamt herangetragen. Beonders schön wäre es, wenn sich hier langfristig ein richtiger Kulturort etablieren ließe”, sagt Veranstalterin Monika Baum.

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