Wie viele Bürger der DDR stellten bis zum Fall der Mauer einen Ausreiseantrag?

Zwischen Mauerbau 1961 und 1988 verließen etwa 383.000 Menschen die DDR über einen Ausreiseantrag, im Jahr des Mauerfalls kamen 344.000 hinzu. Seit 1977 führte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) detaillierte Zahlen über die Ausreisewilligen: Bis 1989 wurden 316.000 Ausreiseanträge registriert. Von diesen wurde 172.600 stattgegeben, in den Jahren zuvor lag die Zahl allerdings deutlich niedriger.

Mit welchen Konsequenzen mussten Bürger, die einen Ausreiseantrag stellten, rechnen?

Der wachsenden Zahl von Ausreiseanträgen begegnete die SED mit Einschüchterungsmaßnahmen. Dazu gehörten unter anderem die Ausspionierung der Ausreisewilligen durch die Stasi. Wer einen Ausreiseantrag gestellt hatte, bekam Schwierigkeiten mit Arbeitgebern, Behörden oder bei der Jobsuche. Zwischen 1976 und 1988 leiteten MfS und Kriminalpolizei rund 19.000 Ermittlungen gegen Antragsteller ein. Etwa 15 Prozent der Ausreisewilligen wurden inhaftiert.

Wie viele Fluchtversuche gab es?

Bis 1988 verließen etwa 235.000 Menschen illegal die DDR. Der Großteil davon (etwa 195.000) kehrte von genehmigten Reisen ins westliche Ausland nicht zurück. Die DDR-Generalanwaltschaft leitete insgesamt 110.000 Verfahren gegen Flüchtlinge ein. Die Zahl der inhaftierten Flüchtlinge nach dem Mauerbau schätzen Historiker auf 60.000 bis 70.000. Die Schätzungen über die Zahl der Fluchttoten gehen weit auseinander. Einen Anhaltspunkt geben die etwa 1000 Ermittlungsverfahren wegen versuchter oder vollendeter Tötung von Flüchtlingen, die die Berliner Justiz Mitte der 90er-Jahre führte.