Wer vorgebaut hat, kann die ersten leuchtenden Blüten im Garten genießen. Winterjasmin, Winterlinge, bald auch Narzissen.

"Das hast du wirklich gut ausgewählt", lobte mich meine Frau Anke, als wir am letzten Sonntag einen Inspektionsgang durch unseren kleinen Mühlenpark im Wendland machten. Sie meinte den Winterjasmin und die chinesische Zaubernuss, deren Blüten in der Mittagssonne richtig leuchteten. Dann deutete sie auf die Winterlinge am Rand der Wildhecke. "Warum blühen die alle gelb?", fragte sie. Das Lob habe ich einfach unwidersprochen angenommen, obwohl ich nichts dafür konnte. Ich hatte einfach nach und nach Blumen und Sträucher gepflanzt, die möglichst früh Farbe in unseren Garten bringen sollten. Es dauert nicht mehr lange, dann blühen auch Narzissen, die sogenannten Osterglocken, die Forsythie und die Kornelkirsche, Scharbockskraut und Schlüsselblumen.

Bei der Frage nach der Farbe Gelb musste ich erst einmal passen. Ich muss zugeben, ich hatte darüber nie nachgedacht. Es sollte einfach nur gut aussehen - schon im späten Winter oder frühen Frühjahr immer irgendwo was Blühendes im Garten zu haben.

In solchen Fällen frage ich gerne bei Hans-Helmut Poppendieck nach. Der ist Kustos im Herbarium der Uni Hamburg und war früher in gleicher Funktion im Botanischen Garten tätig. Der Wissenschaftler hat unter anderem herausgefunden, dass der berühmte deutsche Bauerngarten quasi eine Erfindung von Alfred Lichtwark war. Der berühmte Leiter der Hamburger Kunsthalle (1886-1914) hatte mit dem Maler Max Liebermann viele ländliche Gärten in Norddeutschland besichtigt. Nach ihren Vorstellungen entstand dann im Botanischen Garten am Dammtor ein Prototyp des Bauerngartens, gewissermaßen eine Blaupause für jene berühmte sehr geometrische Gartenform mit den eingefassten Rabatten, wie wir sie noch heute kennen. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde er dann im neuen Botanischen Garten in Klein Flottbek wieder aufgebaut - inklusive Beet mit den Gewürzen für die nicht minder berühmte Hamburger Aalsuppe.

Aber zurück zur Farbe Gelb. "Das ist eine Signalfarbe für Insekten wie zum Beispiel Schwebfliegen und Hummeln, damit sie die Blüten mit dem Nektar finden", erklärt Hans-Helmut Poppendieck. Na klar, da hätte man auch selber drauf kommen können - wen man gewusst hätte, dass diese Insekten nicht so super gut gucken können. Jetzt im zeitigen Frühjahr sind die Tage kurz und, das haben wie gerade in den letzten Wochen erleben können, oft grau und wolkenverhangen. Bei trübem Wetter stechen Knallfarben richtig hervor und locken Insekten mit einer gewissen Sehschwäche zu den Nektar- und Pollentöpfen. Leider zieht Gelb auch unangenehmere Zeitgenossen wie Blattläuse und Minierfliegen an. Aber das hat ja noch ein wenig Zeit. Deshalb sollte man im Sommer auch gelbe T-Shirts meiden, sie ziehen Mücken und Fliegen geradezu magisch an. Den Effekt nutzen die bekannten klebrigen Gelbtafeln und Fliegenfallen aus, die wir zum Teil noch heute in Gewächshäusern und Küchen finden. "Blau und Rot sind ausgesprochene Immenfarben", klärt mich Hans-Helmut Poppendieck noch auf, sind also gut für Bienen. Und damit soll es auch gut sein mit der Farbenlehre für einheimische Insekten. Womit wir dann auch bei den Krokussen wären, die spätestens kommende Woche blühen werden - in Gelb, Blau und Rot, wenn das Wetter so warm wird, wie die Meteorologen versprechen.

Übrigens, fast alle Winter- und Vorfrühlingsblüher, längst Teil unserer Gartenkultur, sind Zuwanderer. Die Forsythie und Zaubernuss stammen zum Beispiel aus China, Krokusse und Narzissen aus Asien und dem Mittelmeerraum. Unsere Osterglocken wurden als Grabbeilagen in ägyptischen Pyramiden gefunden. Den Namen haben sie von Narkissos, dem Sohn einer Nymphe und eines Flussgottes. Der hielt sich für schöner als selbst die Götter, was sogar Aphrodite erregte. Als er sich einmal im Wasser einer Quelle sah, verliebte er sich in sein Spiegelbild. Für seine Hybris wurde er in eine Blume verwandelt, die Narzisse.

Als ich Anke damit auch endlich ihre Frage beantworten konnte, warum so viele Frühblüher gelb sind, sagte sie ganz trocken: "Dann hast du ja was dazugelernt."

So isses. Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth

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