Die Schlafforschung ist eine relativ junge Disziplin. Möglich wurde sie erst mit der Entdeckung des EEG (Elektroenzephalogramm) Ende der 1930er-Jahre. Damit konnte erstmals die Gehirnaktivität gemessen werden. So stellte sich heraus, dass das Gehirn nachts anders arbeitet als am Tag. Es dauerte noch bis in die 1960er-Jahre, bis das erste Schlaflabor eröffnet wurde. "Bis heute ergibt der Stand der Wissenschaft kein richtig rundes Bild", räumt Dr. Jörg Putensen, stellvertretender Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums am Agaplesion Diakonieklinikum, ein. "An vielen Stellen bleiben die Thesen hypothetisch." Etwa wenn es darum geht, was wirklich passiert, wenn wir träumen.

Auf Expertentagungen zu diesem Thema geht es oft hoch her. Am einen Ende die Physiologen, da klingt es nüchtern: "Im Schlaf überprüft der Körper, ob die Hirnsynapsen so funktionieren, wie sie sollten. Dabei entstehen zufällige Bilder." Auf der anderen Seite die Tiefenpsychologen: "Trauminhalte geben Aufschlüsse über die Welt des Unterbewusstseins." Putensen und viele andere Schlafexperten glauben, dass in den Traumphasen das Erlebte verarbeitet wird. Er vergleicht das mit einem vollen Schreibtisch nach einem Arbeitstag: "Im Traum sortieren wir aus, was in die Ablage kommt, was in den Papierkorb und was ganz oben auf dem Stapel bleibt."

Für diese Theorie spreche, dass Kinder deutlich längere REM-Phasen haben (REM = Rapid Eye Movement). In dieser Phase, in der sich die Augen schnell von links nach rechts bewegen, träumt der Mensch. "Kinder müssen wahrscheinlich mehr träumen, weil sie im Vergleich zum Erwachsenen jeden Tag viel mehr Neues erleben, das sie verarbeiten müssen." Immerhin: Als abgehakt kann wohl die Theorie aus der Antike gelten, nach der die Götter der Unterwelt den Menschen in die Traum-Tiefen ziehen. Von der endgültigen Entschlüsselung des Schlafs können die Forscher allerdings vorerst nur - träumen.