Zitteranfälle und zudem auch noch ein hämmernder Schädel: Das Abendblatt verrät Tricks, dem widerwärtigen Kater gezielt zu Leibe zu rücken.

Auch eine blinde Katze stößt mal auf eine tote Ratte, sagt ein chinesisches Sprichwort. Und im Vergleich zum Kater am Neujahrsmorgen, weiß der erfahrene Silvesterzecher, wirkt jede tote Ratte wie ein possierliches Tierchen. Auch wenn dieser Vergleich, passend zum Thema, zugegebenerweise ein bisschen hinkt: Helden der vergangenen Nacht werden am Vormittag des 1. Januar mit pelziger Zunge, rebellierendem Magen, ratterndem Puls, Zitteranfällen und hämmerndem Schädel grausam bestraft. Auch wer keine CD eingelegt hat, meint Joseph Haydns Trompetenkonzert und/oder kaukasische Trommelwirbel zu hören.

Tricks, diesem widerwärtigen Kater gezielt zu Leibe zu rücken, sind eigentlich hinlänglich bekannt. Die Ratschläge reichen von harmlosen Rezepten wie eiskalten Duschen, Spaziergängen oder Wadenwickeln bis hin zu exotischen Tipps wie dem Genuss von Kernen der Tamarindenfrucht, Borretschöl und Weihrauchtabletten. Andere raten zu Rollmöpsen mit Worcestershiresauce, verquirlten rohen Eiern oder der Medizin versoffener Cowboys: ein Pott lauwarme Vollmilch mit drei Kalziumtabletten.

Kultivierte Schluckspechte empfehlen mehrere Espressi mit dem Saft frischer Zitronen oder Gurkenwasser. Russland lässt grüßen. Nur die ganz Harten zischen unmittelbar nach dem Erwachen am Nachmittag ein "Konterbier" - um den Promillepegel nicht dramatisch in den Keller sausen zu lassen und dem Kater Paroli zu bieten. Auch ein Gläschen Doppelkorn auf dem Nachtisch, so preisen Hartgesottene, soll angeblich Wunder wirken. Kreislauf, Magenschleimhaut und Leber quittieren diese Radikalkur nicht in jedem Fall mit Begeisterung.

Auch einer, der es besser wissen muss als die meisten anderen, mahnt zum schonenden Umgang mit den Auswirkungen allzu exzessiver Orgien zum Jahreswechsel. "Am besten einfach durchmachen, bis man wieder nüchtern ist", meint Eyck Thormann, seit 2002 Barchef im Christiansen's Fine Drinks & Cocktails am Pinnasberg auf St. Pauli. Für das Magazin hat Mixprofi Thormann einen Acht-Punkte-Plan für den erfolgreichen Verlauf eines feuchtfröhlichen Neujahrsrutsches zusammengestellt.

Ausreichend zu Abend essen - aber nicht zu fett.

Nur hochwertigen Alkohol trinken. Faustregel: je schlechter die Spirituose, desto höher der Methanol-Gehalt. Kopfschmerz ist die Konsequenz.

Viel Mineralwasser zwischendurch trinken. Denn Alkohol entzieht dem Körper Flüssigkeit - und das ist der Hauptgrund für Qualen im Schädel.

Nebenbei immer wieder mal etwas knabbern.

Vor dem Zubettgehen möglichst noch etwas essen.

Frische Luft tut gut. Fenster im Schlafzimmer geöffnet lassen.

Gegen ein "Konterbier" spricht nichts, da am 1. Januar in der Regel keine Arbeit ansteht. Am besten ein Weizen.

Carajillo-Espresso hilft, wenn kein Bier getrunken wurde. Espresso mit etwas spanischem Brandy und viel Zucker trinken.

Auch Enrico Wilhelm, Barchef aus dem Hotel Vier Jahreszeiten am Neuen Jungfernstieg, empfiehlt reichlich Flüssigkeitszufuhr durch mineralhaltiges Wasser und, wenn's der strapazierte Magen mitmacht, frisch gepresste Säfte, um Vitamine zuzuführen. Allerdings können Mineralien ebenso mit einem scharf gewürzten Tomatensaft oder mit einer kräftigen Consommé/Hühnersuppe eingenommen werden.

Weiterhin helfe "ein klein wenig" Alkohol, um die körperlichen Entzugserscheinungen zu stoppen. Dafür hat Herr Wilhelm einen Cocktail-Tipp namens Aspirinos parat.

2-3 cl Cointreau, 3 cl frischer Zitronensaft, 15 cl frisch gepresster Orangensaft sowie 2 cl Maracujasirup in einem Glas verrühren oder im Shaker auf Eis schütteln und das Ganze mit Tonic-Wasser auffüllen. Prosit!

Nun könnte man anmerken: Wer diese Prozedur schafft, kann sich nicht allzu schlimm im Würgegriff des Katers befinden. Vielleicht indes hat man dann zuvor auf Enrico Wilhelms entscheidende Vorschläge gehört: Nicht zu viel durcheinander zu trinken und im Prinzip bei gleichen Getränken zu bleiben. Außerdem helfe vor dem Schlafengehen die Einnahme einer Aspirin-Tablette oder Alka-Seltzer.

Ein grausames Ende wird nehmen, wer sich während des Jahreswechsels allzu intensiv an süßen, zuckerhaltigen Getränken erfreut. "Feuerzangenbowle oder mit Hochprozentigem gewürzter Glühwein sind Killer erster Klasse", weiß schon der weniger Trainierte. Vom alkoholgeschwängerten Obst in der Bowle ganz zu schweigen. Anhängern konsequenter und effektiver "Druckbetankung" sei dagegen Wodka angeraten. Er ist frei von Fuselölen, Aromen und fermentierten Stoffen und gilt in Fachkreisen als "ehrliche Spirituose".

Unter dem Strich jedoch trifft die Weisheit des Alchimisten und Heilers Paracelsus zu: "Die Höhe der Dosis macht das Gift." Wer zu hoch dosiert, fühlt sich später - Entschuldigung - schlicht und ergreifend zum Kotzen. Einziger Trost des Leidenden: Die folgenden 364 Tage des Jahres können nur besser werden.