Manche saugen, andere blasen die welken Blätter weg. Dabei können sie dem Garten nützen - auch wenn es Nachbarn nicht gefallen mag.

Der Herbst im Garten ist eine Übergangszeit mit gemischten Gefühlen. Der Raureif zeichnet mit seinen glitzernden Kristallen auf den Blüten den kommenden Winter voraus. Endlich Muße für die neuen Gartenbücher an langen Winterabenden. Wunderbare Bilder meistens. Man lehnt sich zurück, schließt die Augen, und im Kopf entstehende blühende Landschaften in neu bepflanzten Gartenzonen.

Als ich vor 14 Jahren in meine Mühle zog, schwärmte meine damalige Freundin Anke, eine echte Großstadtpflanze und mittlerweile längst meine Ehefrau, allerdings davon, wie herrlich es doch sei, durchs tiefe Laub zu spazieren. Sie wissen, man geht nicht, man schlendert - und dabei schiebt man immer mal wieder mit der Fußspitze Blätter beiseite und sagt Sätze wie "Schau mal, ist das nicht ein herrliches Rot? Und da, dieses Gelb!"

Einfach schön, bis die Harke kommt. Meine Eltern waren in der Beziehung fast ein wenig pingelig - und ich hatte mir dabei auch eigentlich geschworen: "So wirst du nicht." Dazu muss man wissen, dass bei uns zu Hause jeden Sonnabend geharkt wurde. Schon wegen der Nachbarn. Da wurde geharkt, wie ich es später nur aus Büchern über Zen-Gärten kannte. Kies in organischen Linien. Gut, ganz so war es bei uns nicht. Meditativ mussten die Linien nicht sein, akkurat reichte.

Auf meiner Mühle sollte natürlich alles anders sein. Mehr naturgegeben, sozusagen. Also ließen wir das Laub erst einmal liegen. Zwei Wochenenden später waren keine Wege mehr zu erkennen, aus dem bunten Teppich war ein unansehnlicher brauner, teilweise glitschiger Belag geworden. Wir waren einen ganzen Sonnabend mit dem Rechen unterwegs, hatten am Ende 32 Säcke voll und gaaaanz lange Arme.

Heute ist das alles viel entspannter. Zwei- bis dreimal sammelt mein Nachbar, ein Nebenerwerbslandwirt, der auch für die Gemeinde die Grünstreifen in Ordnung hält, mit seinem Aufsitzmäher das Laub auf. Nur trocken muss es vorher ein paar Tage gewesen sein, sonst funktioniert das nicht. Zuvor habe ich da, wo etwa Wild- oder Rosenhecken sind, das Laub untergeharkt. Das schützt den Boden vor Frost und Austrocknung - und bietet Igeln und Nützlingen jeder Art Schutz. Wenn es dann verrottet, düngt es den Boden.

Das Schönste am Leben auf dem Land ist die Abwesenheit der Stadt, genauer gesagt, die Abwesenheit einer gewissen Art von Städtern. Dass ich das Laub unterharken kann, geht auch nur, weil meine Nachbarn Felder sind und keine Menschen, die sich beschweren, wenn der Wind das eine oder andere Blatt hinüberweht. Ich möchte auch solche Menschen verstehen, jeder soll schließlich nach seiner Fasson glücklich werden, wie es in einem der Grundsätze der preußischen Metaphysik heißt. Landwirte beschweren sich daher auch nicht, wenn ich einen Laubbläser benutze statt einer Harke. Erstens habe ich mir den von meinem Nachbarbauern geliehen, zweitens sind sie selber auf den Kräfte sparenden Umgang mit der Technik angewiesen.

Blasen oder saugen - diese Frage stellt sich bei mir nicht. Ich habe das Problem teilweise ökologisch völlig korrekt gelöst. Durch Bodendecker unter Bäumen und Sträuchern. Das "Pachysandra terminalis", im Gärtnerdeutsch auch "Dickmännchen" genannt, ist ein regelrechter Laubschlucker. Die immergrüne Pflanze wird bis zu 30 Zentimeter hoch, gedeiht auf allen Böden, auch im Schatten. Das "Dickmännchen" blüht ein wenig unscheinbar, vermehrt sich aber durch unterirdische Rhizome kräftig, ohne zu wuchern. Und das Beste kommt zum Schluss: Bevor sie im Herbst das Laub quasi schluckt, verhindert sie im Frühjahr und Sommer den Wuchs von Unkräutern.

Die "Vinca Minor", ebenfalls ein immergrüner Bodendecker, verhindert genauso wirksam den Wuchs von Unkräutern, schluckt aber weniger Laub. Dafür hat die Vinca schöne kleine blaue Blüten von etwa Ende April bis Mitte Juni, manchmal auch noch im Herbst. Auch vermehrt sich Vinca prächtig, nach meinen Erfahrungen sind aber die Zuchtformen mit gelben oder weißen Blatträndern nicht so frostfest wie der einfache grüne Klassiker.

Warum die Birke nicht weint, wenn sie im November beschnitten wird, und wie der Gärtner sich beizeiten auf den Frühling vorbereiten kann - dazu mehr in der nächsten Woche. Bis dahin, herzlichst Ihr Karl Günther Barth