Hier berichtet der Autor von heute an jede Woche, was ihn in seinem Garten umtreibt oder auf die Palme bringt - Tipps und Tricks inklusive.

41 Jahre bin ich nun schon Journalist - und war dabei immer mit Politik und Wirtschaft befasst. Meine Reviere waren die Parlamente und die Hinterzimmer der Politik - und ich hätte nie gedacht, jemals eine Kolumne zu schreiben über die Lust am Garten. Über den Glücksmoment etwa, nach einer harten Arbeitswoche durch den Garten zu gehen und dabei den ganzen Stress zu vergessen. In meiner Jugend nämlich habe ich das Thema nahezu gehasst. Na ja, nicht alles daran, aber auf jeden Fall die Arbeit darin.

Meine Eltern besaßen eine Doppelhaushälfte mit einem gemischten Zier- und Nutzgarten nach hinten raus und einem Vorgärtchen zur Straßenseite. Raten Sie mal, wer fürs Rasenmähen zuständig war, fürs Umgraben im Nutzgarten und das Unkrautjäten und Harken im Vorgarten - sonnabends Bürgersteig fegen inklusive? Richtig. Immer ich. War ja klar, nur die Harten kommen in den Garten - aber musste das immer gerade dann sein, wenn meine Kumpels sich auf dem Bolzplatz trafen oder, da waren wir schon älter, mit den Mädels aus der Parallelklasse in der Eisdiele? So dachte ich jedenfalls - und meine Freunde umgekehrt genauso. Aus diesem Grund war mir das Thema Garten verleidet. Für Jahrzehnte. Bis ich ein ums andere Mal Freunde und Kollegen besuchte, die auf dem Land eine Kate oder einen Resthof bewohnten und sich mit Hingabe ihren Gärten widmeten. Erst machte ich noch Witzchen, bald war ich sozusagen angefixt. Der Traum vom Leben auf dem Land war erst einmal zu teuer. Die Katen, die mir gefielen, waren unerschwinglich. Bis ich durch Zufall auf eine kleine Windmühle aus Stein im Wendland im Landkreis Lüchow-Dannenberg stieß.

Die Flügel fehlten, weswegen sie preiswert war. Dafür gab es ein ordentlich großes Stück Land mit verwildertem Buschwerk und ein paar alten Eichen. Ich war auf der Stelle verliebt und hatte natürlich keine Ahnung, wie man daraus einen großen Garten machen könnte. Ich ahnte weder, wie viel Schweiß das kosten würde, noch, wie viel Geld. Aber ich hatte Lust. Daran musste ich vergangenen Sonntag unwillkürlich denken, als der Herbst uns einen Kälteeinbruch beschert und Bäume und Sträucher mit Raureif überzogen hatte. Vor wenigen Wochen noch hatten sich etwa auf den Blütenständen der Fetthenne "Herbstfeuer", die es überall in unserem Garten gibt, Hummeln getummelt, jetzt schienen sie wie von Puderzucker überzogen.

Raureif macht aus Rosen ein glitzerndes Kunstwerk. Die erste Sorte, die meine Frau und ich gepflanzt hatten, war die Rose de Resht. "Wir haben keine Ahnung", hatten wir dem Gärtnermeister im Landkreis gesagt, der sie uns empfohlen hatte. Sie zählt zu den Damaszenerrosen. Aber niemand kennt genau ihre Herkunft. 1950 wurde sie wohl aus Persien eingeführt. Ich war bald begeistert von meiner Wahl. Denn diese fleißige Rose treibt unermüdlich Blüten von Juni bis Ende Oktober, manchmal sogar noch nach dem ersten Frost bis in den Dezember. Man muss Verblühtes aber regelmäßig abschneiden. Ansonsten ist die Rose de Resht ausgesprochen anspruchslos, eine der frosthärtesten Sorten, akzeptiert sogar Halbschatten und karge Sandböden wie die um unsere Mühle. Das Tollste ist aber der kräftige schwere Duft der Blüten, deren Farbe von hellem Purpur zu dunklem Karmesinrot changiert.

Meine Frau und ich haben damals unseren Freisitz extra so gewählt, dass schon eine leichte Brise uns den Duft auf den Kaffeetisch weht. Und ein wenig Wind haben wir eigentlich immer. Denn die Bauern, die vor über 100 Jahren die Mühle mal gebaut haben, wussten schon, woher der Wind wehte. Das mit dem Freisitz hätten wir übrigens auch anders lösen können. Denn wie wir später gemerkt haben, verträgt die Rose de Resht auch Umpflanzen und wächst auch gut in Töpfen. Dabei ist sie ausgesprochen robust gegenüber Krankheiten wie Mehltau und Sternrußtau, die zu bekämpfen echt Arbeit macht. Und die wollte ich - immer eingedenk meiner Kindheitserfahrungen - auf das Nötigste beschränken. Deswegen, das verrate ich heute gerne, war meine Anschaffung noch vor dem Rosenkauf ein Fachbuch mit dem Titel "Der Garten für Faule". Jetzt ist bei uns erst einmal Laubharken angesagt. Oder etwa doch nicht? Blasen oder saugen? Mehr darüber nächste Woche.

Bis dahin, herzlichst Ihr Karl Günther Barth