„Windstrom“ plant drei Windkraftanlagen in Ardestorf und weitere sechs in Daensen und Immenbeck

Elstorf. Mit Skepsis und Kritik reagierten viele Einwohner auf den Plan der Firma Windstrom, in Ardestorf Windräder aufzustellen. Vor allem die Höhe der geplanten Windräder erschreckte die Anwohner. Es waren aber auch befürwortende Stimmen in der Informationsveranstaltung mit 100 Besuchern in der Aula der Grundschule Elstorf am Dienstagabend zu hören.

Drei Windräder mit einem Rotordurchmesser von 115 Metern und einer Höhe von 192 Metern sollen sich in der Nähe des kleinen Ortes Ardestorf in der Gemeinde Neu Wulmstorf drehen. Das sind nicht die einzigen Windkraftanlagen, die das Unternehmen Windstrom aus Oyten in der Region aufstellen will. Gleich auf der anderen Seite der Kreisgrenze in Immenbeck plant der Windkraftbetreiber ebenso drei Anlagen, und auch in Daensen sollen drei Windräder entstehen. Hier kann allerdings der streng geschützte Uhu noch die Planungen gefährden.

Klar ist: Alle Anlagen sollen 192 Meter hoch sein. „Ich bin fassungslos, wie riesig die Anlagen sind“, sagte ein Bürger. Eine andere Anwohnerin aus Ardestorf fürchtet um die Wertminderung ihrer Immobilie. „Die Windräder sind tatsächlich Riesenmaschinen“, räumte Joachim Mrotzek, Geschäftsführer der Firma Windstrom ein, der die Bürger informierte. „Aber sie sind auch das, was man heute baut. Mit ihnen können wir aus wenigen Standorten das Maximum herausholen.“

Weder die Gemeinde noch der Windkraftbetreiber legen fest, wo die Anlagen aufgestellt werden. Der Landkreis Harburg gibt die Marschrichtung vor. Bereits vor zwei Jahren hat der Kreis die Energiewende eingeleitet und beschlossen, die Zahl der Windräder von 63 auf mehr als 120 im Landkreis Harburg zu verdoppeln. Im Regionalen Raumordnungsprogramm legt der Landkreis fest, auf welchen Flächen die Windkraftanlagen entstehen sollen. Zwar ist das RROP nicht rechtskräftig. Es liegt lediglich ein Entwurf vor. Aber in diesem ist die Fläche in Ardestorf für Windenergieanlagen enthalten.

Thomas Saunus, Leiter des Fachbereichs Ortsentwicklung in der Gemeinde Neu Wulmstorf, geht auch davon aus, dass der Landkreis an der Fläche festhalten wird. „Wir haben keine Argumente, um es abzulehnen“, sagte er. Denn der Mindestabstand von 1000 Metern zum Ort wird eingehalten. Er beträgt zwischen 1200 und 1700 Meter zu den Orten Elstorf, Ardestorf und Ketzendorf.

Ganz anders sieht es im Landkreis Stade aus. Dort trennen 600 und 800 Meter die Windkraftanlagen von den Häusern in Daensen und Immenbeck. Da gelten aber andere Rahmenbedingungen als im Landkreis Harburg. Anderer Landkreis heißt anderes Papier mit einem anderen Regionalen Raumordnungsprogramm. „In Ardestorf ist es in keinster Weise so, dass die Windräder optisch bedrängend oder bedrückend wirken“, betonte Joachim Mrotzek. Glaubt man ihm, machen die Windräder wegen der höheren Entfernung gar keine Probleme – keinen Lärm, keinen Schattenwurf.

Mrotzek verwies auf ein Lärmgutachten, das Windstrom hat erstellen lassen. Auf der Basis des maximalen Schalldrucks wurde errechnet, welche Lärmbelastung auf die Bewohner der angrenzenden Ortschaften zukommen könnte. Das Ergebnis: „Den Windpark kann man nicht hören. Aufgrund der riesigen Entfernung können die Geräusche mitnichten im Schlaf stören“, so Mrotzek.

Infraschall, den Windkraftgegner oft als negativen Aspekt anführen, sprach Mrotzek ebenso an. Auch seinem Unternehmen wird häufig vorgeworfen, dass die Windräder Infraschall erzeugen und zu Gesundheitsstörungen führen. Infraschall kann man nicht hören, aber fühlen. Die Schallwellen bis zu 20 Hertz können Hauswände durchdringen. Allerdings verursachen nicht nur Windkrafträder Infraschall, sondern etwa auch Flugzeuge, Schiffe. „Die Welt ist voller Infraschall“, sagte Mrotzek und beruft sich auf die derzeit gültige Rechtslage, wonach das, was man nicht wahrnehmen kann, auch nicht stören kann.

Auch für den Schattenwurf, der bei direkter Sonnenstrahlung auftritt, hat Mrotzek eine Lösung: Die Anlage wird angehalten, sobald ein Schattenwurf auftritt, und läuft erst dann weiter, wenn die Sonne weiter gewandert ist.

Alles zu schön, um wahr zu sein, finden einige Anwohner. Sie bezweifelten, dass Mrotzeks Fotomontagen, die den Blick auf die Windräder simulieren sollten, der Wahrheit entsprechen. Einige fordern einen höheren Mindestabstand. Auch die Gruppe FDP/Die Linke im Gemeinderat Neu Wulmstorf will eine höhere Entfernung. Sie fordert Rat und Verwaltung der Gemeinde auf, sich dafür einzusetzen, dass der Mindestabstand das Zehnfache der Windkraftanlagenhöhe beträgt.

Bei einer 200 Meter hohen Anlage macht das 2000 Meter Abstand. „Wir sind der Meinung, dass die Lebensqualität der Anlieger nicht vom Bau der Windräder beeinträchtigt werden darf“, schreiben Manfred Karthoff (FDP) und Wolfgang Klein (die Linke) in ihrem Antrag.

Es gab aber auch andere Anwohner, die Windräder an der Stelle deutlich befürworten. „Ich freue mich auf die Windkraftanlagen, weil ich damit die Hoffnung verbinde, dass die Atomkraftanlagen früher ausgeschaltet werden“, sagte Christina Orion aus Elstorf. Ein anderer Anwohner erinnerte daran, dass in der Region auch Vorrangflächen für den Kiesabbau ausgewiesen sind. Dann lieber Windräder, findet er. „Die machen keinen Lärm, ziehen keinen Schwerlastverkehr nach sich und machen auch keine Straßen kaputt.“

Am 2. April berät die Gemeinde Neu Wulmstorf im Bau- und Planungsausschusses das Thema Windkraft. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es in der Sitzung auch um die anderen Vorrangflächen für Windenergie in der Gemeinde Neu Wulmstorf gehen: um die in Ohlenbüttel und in Daerstorf und auf der ehemaligen Mülldeponie von Neu Wulmstorf. Für diese Flächen hat die Gemeinde Neu Wulmstorf gegenüber dem Landkreis bereits ihre Ablehnung deutlich gemacht. „Da sehen wir die Ortsentwicklung beeinträchtigt“, sagte Thomas Saunus.