Axel Schneider stellt drei Millionen Euro teuren Bühnenneubau erstmals öffentlich vor. Der Intendant will den Spielplan in den Sommer hinein erweitern

Harburg. Zuschauer und Schauspieler am Harburger Theater werden mit Beginn der neuen Spielzeit am 13. November ein völlig neues Raumgefühl erleben. Mit dem kurz vor der Vollendung stehenden Bühnenneubau erreicht die Spielfläche imposante 14 Meter Tiefe. In dieser Kategorie rangiert das Harburger Theater unter Hamburgs Privattheatern jetzt nur noch hinter dem renommierten Ernst-Deutsch-Theater, das noch einen halben Meter mehr Bühnentiefe bietet.

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat mit mehr als drei Millionen Euro die Modernisierung des Harburger Theater finanziert. Intendant Axel Schneider sieht darin ein Bekenntnis der Stadt zu dem Theaterstandort Harburg. „Für die nächsten Jahrzehnte sind wir technisch gut ausgerüstet“, sagt seine Stellvertreterin Nuca Selbuz. Schneider und Selbuz haben am Montag den Bühnenneubau erstmals öffentlich vorgestellt.

Die Verdoppelung der Bühnentiefe auf 14 Meter ist nicht Ausdruck einer sinnfreien Rekordjagd, sie eröffnet dem Harburger Theater vielmehr neue künstlerische Möglichkeiten. Bislang konnte der Betreiber Stäitsch Theaterbetriebs GmbH wegen der kleineren Bühne längst nicht alle Produktionen seiner beiden Häuser Altonaer Theater und Hamburger Kammerspiele in Harburg realisieren. Mit dem Bühnenneubau muss Intendant Axel Schneider im Hamburger Süden keine Abstriche mehr machen. Auch in der Höhe ist die Bühne um 2,30 Meter gewachsen.

Das Stück „Die Reifeprüfung“ nach dem Roman „The Graduate“ von Charles Webb, mit dem das Harburger Theater seine neue Spielzeit eröffnet, hätte ohne den Bühnenneubau nicht in Harburg aufgeführt werden können. Die Bühnenfassung in der Regie von Eva Hosemann lebt von dem Bühnenbild und wäre an den bisher fehlenden Seitenbühnen gescheitert. Jetzt haben die Bühnenbauer dank eines neu geschaffenen Seitenmagazins in Harburg diese Gestaltungsmöglichkeit. Das Archäologische Museum Hamburg, Tür an Tür mit dem Theater, hat dafür auf einige Parkplätze in der Tiefgarage verzichtet.

Nuca Selbuz spricht sogar von einem neuen Theater – so viel hat sich verändert: Mehr als 30 Scheinwerfer wurden ausrangiert und durch neue ersetzt. Ferngesteuerte Leuchten eröffnen den Beleuchtern neue Möglichkeiten. Liebstes Gerät des Technischen Leiters Andreas Meyer-Delius ist der neu geschaffene Bühnenfahrstuhl, der in Gestalt einer Hütte daher kommt und in Bühnenbilder integriert werden könnte. Musste früher Bühnendekoration beim Auf- und Abbau mühsam durch den Zuschauerraum transportiert werden, lässt sich der Aufzug bequem vom Hof aus beladen.

Blaues LED-Licht führt an den Bühnenwänden entlang. Mit Hilfe des sogenannten Umgangslichtes sehen die Schauspieler auf der Bühne, die ihnen beim Spielen als schwarze Box erscheint, wohin sie treten. Die Arbeitsräume hinter der Bühne bieten mehr Komfort: Garderobe und Maske haben mehr Plätze und Stauraum. Und ganz wichtig: Kein Schauspieler muss mehr ungeduscht das Theater verlassen.

Das Theater hat einen eigenen Stromanschluss erhalten – bisher teilte es sich mit dem Archäologischen Museum eine Leitung. „Wir haben bisher an der Grenze eines Stromausfalls gelebt“, sagt Nuca Selbuz. Eigentlich seien nur die rot gepolsterten Zuschauersitze geblieben. Aber auf denen, schwört Axel Schneider, sitze man bequemer als in den Kammerspielen.

Bei so viel neuer Technik und zusätzlichen Möglichkeiten würde es beinahe an Dekadenz grenzen, das Theater wie bisher nur von Oktober bis April zu bespielen. Axel Schneider kündigt deshalb an, den Spielplan erweitern zu wollen. Ziel sei ein Volltheater, sagt der Intendant.

Erster Schritt dahin wird im August 2015 eine Inszenierung von „Oliver Twist“ als Familien-Musical sein, das in einer Zusammenarbeit des Autoren Christian Berg und Konstantin Wecker entsteht. Uraufführung wird am 22. August am Harburger Theater sein. Anschließend zeigt das Altonaer Theater das Musical, das den Anspruch erhebt, Maßstäbe in der Familienunterhaltung setzen zu wollen. Erst Harburg, dann Altona – auch diese Reihenfolge bei der Auswahl der Spielorte ist neu bei der Stäitsch Theaterbetriebsgesellschaft, die mittlerweile Hauptmieter des Harburger Theaters ist.