Kreiskulturpreis-Träger Heinz Strunk, Schriftsteller, Musiker Theatermann, liest aus seinem aktuellen Buch

Hamburg. Er ist so ein bisschen das Enfant Terrible der Hamburger Kunstszene: Heinz Strunk. Schriftsteller, Musiker, Theatermann, Kolumnist, Satiriker. Wo er allein oder im Kombination mit seinen langjährigen Mitstreitern Rocko Schamoni und Jacques Palminger auftritt, bleibt kein Auge trocken. Im Hamburger Thalia Theater wird das Trio regelmäßig zu „Fraktus“, einer Band, die es nie gegeben hat. Trotzdem behaupten die Drei, in den 80er Jahren den Techno erfunden haben. Die Geschichte, die sie auf der Bühne erzählen, handelt von dem Wiedersehen, den alten Befindlichkeiten, Liebe und Hass, Eifersucht und Selbstüberschätzung, mit denen sich das Trio gegenseitig quält. Die Hamburger lieben dieses Stück, weil es so schön schräg und schrill ist und weil sich die Protagonisten für keine Peinlichkeit zu schade sind.

Diese Mischung aus Satire, Ernsthaftigkeit und manchmal unfreiwilliger Komik zieht sich auch durch die Bücher, die Heinz Strunk schreibt, vor allem die, in denen sich alles um seine frühen Jahre dreht. „Fleisch ist mein Gemüse“ war sein Erstlingswerk und gleich sein Durchbruch als Autor. Darin schildert er seine Jahre als Jugendlicher, gebeutelt von einer hartnäckigen Akne und Selbstzweifeln. Die besten Szenen sind die, in denen er über seine Erlebnisse als Musiker bei der Band Tiffanys schreibt, die jedes Wochenende in einem anderen Dorfgasthof bei Schützenfesten aller Art auftraten.

Ebenfalls ein Blick zurück in die eigene Kindheit wirft das jüngste Buch von Heinz Strunk, mit dem er jetzt zu zwei Lesungen, am 19. Oktober nach Bendestorf und am 30. Oktober in die Bücherhalle nach Harburg kommt. „Junge rettet Freund aus Teich“ lautet der Titel des knapp 300 Seiten langen Romans und schildert Erinnerungen aus Sicht des Sechs-, Zehn und 14-Jährigen. Der junge Mathias, der Name Heinz Strunk entstand erst Jahre später, wuchs in Langenbek auf und erlebte eine typische Jugend in den 60er- und 70er Jahren. Die Mutter arbeitet als Musiklehrerin, Oma und Opa kümmerten sich um den Enkel. Auf dem Langenbeker Feld bolzte er mit seinen Kumpels, streunte mit Norbert, Jens, Heike und Susanne durch die Gegend, ohne dass sich ein Erwachsener darum kümmerte. Nur wenn etwas schiefging gab’s Mecker. In vielen Kapiteln können sich Altersgenossen wiederfinden, vieles hat man selbst so oder so ähnlich erlebt. Für seine Lesungen hat Strunk die schönsten Stellen ausgesucht, „ich versuche das so unterhaltsam wie möglich zu machen“, verspricht er. Denn sein Roman ist natürlich nicht nur lustig, hinter dem vordergründigen Humor schimmert immer auch ein wenig die Trauer des kleinen Jungen durch, in dessen Familie nichts so heil war, wie bei den anderen.

Da ist Strunk ganz authentisch, die Kindheit in der Zwergensiedlung in Langenbek, die Plätze, wo er als Kind gespielt hat, das Haus in Todtglüsingen, in dem die Schwester seiner Oma lebte und die er jedes Jahr in den Ferien besuchte – all diese Orte sind real. Im Interview mit dem Abendblatt verrät er sogar noch ein paar private Details, die so nicht Eingang in sein Buch gefunden haben. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm die Zeit als Kind und Konfirmand. „Mein Onkel war Pastor in Rönneburg, über den bin ich nach Sinstorf gekommen, die hatten einen super Diakon damals. Ausfahrten, Konfirmandenfreizeit, Jugendzentrum – das waren die Höhepunkte meiner Kindheit“. Auch wenn es in seinen Büchern manchmal so scheint: Harburg ist für ihn absolut nicht negativ besetzt:„Als Kind ist es einem doch egal, wo man aufwächst, da nimmt man das doch so an, wie es nun mal ist und hier war es voll in Ordnung“. Heute lebt Strunk in Altona am Rand des Schanzenviertels. Nach Harburg kommt er eigentlich nur alle paar Jahre mal. „Ich mache dann eine Nostalgietour, gehe am Außenmühlenteich spazieren und sehe mir an, was sich in den Jahren verändert hat. Aber die Bilder von früher, die habe ich alle abgespeichert“, sagt Strunk. Vor kurzen hat er sich sogar in die Nordheide nach Undeloh gewagt: „Ich bin langsam in einem Alter, wo einem das Spaß macht.“

Der 52-Jährige sieht sich nicht als Witzbold, der lustige Bücher schreibt, er will ernst genommen werden als Literat. Zwar erscheint im November „Das Strunk-Prinzip“, eine Sammlung von Kolumnen, die in der Satirezeitschrift Titanic erschienen sind. Aber sein nächster Roman, mit dem er in den letzten Zügen liegt und der 2016 erscheinen soll, der hat es dann in sich. Strunk hat sich an den Frauenmörder Fritz Honka gewagt. Der Gelegenheitsarbeiter brachte in den 1970er Jahren in Hamburg vier Prostituierte um und zerstückelte deren Leichen. Kennen gelernt hatte er die Frauen auf der Reeperbahn, im Goldenen Handschuh und in anderen Säuferkneipen. „Mich hat dieses unterste soziale Milieu mit seinen Trinkern, seinen Vernachlässigungen und seinem unfreiwilligen Humor fasziniert“, so Strunk. Als erster Privatmann bekam er eine Sondergenehmigung und konnte Originalakten im Hamburger Staatsarchiv einsehen. Ob er den Schritt ins Ernsthafte schafft, bleibt abzuwarten. Deutlich leichter sind da die Leseabende, die demnächst im Hamburger Süden stattfinden. Wer Lust hat, Parallelen zwischen der eigenen Jugend und der eines Harburger Jung zu suchen, der sollte sich Heinz Strunk live am Lesepult nicht entgehen lassen.

Heinz Strunk liest am Sonntag, 19. Oktober, ab 16 Uhr, im Makens Huus in Bendestorf aus seinem Roman „Junge rettet Freund aus Teich“. Der Eintritt kostet zehn Euro, Karten können im Internet bestellt werden: www.bvv-bendestorf.de Am Donnerstag, 30. Oktober, ist er in der Bücherhalle in Harburg zu Gast. Karten zu zehn Euro sind im Vorverkauf erhältlich unter 040/77 29 23, an der Abendkasse kosten sie zwölf Euro.