Teil zwei unserer Serie zum Harburger Kulturtag: Historische Geräte vom heilsamen Schocker bis zum futuristischen Tonmöbel im Binnenhafen

Harburg. Margot Niemann vom Electrum ist immer für eine Überraschung gut. „Das hier ist ein Tonmöbel der Marke Rosita“, sagt die 2. Vorsitzende von Harburgs Museum für Elektrizität, und rollt ganz selbstverständlich ein rundes Gerät mit Plexiglashaube und Tulpenfuß herbei, das eher wie ein UFO als wie ein Radio aussieht. „Es stammt aus dem Jahre 1974. Damals wurden viele Geräte extra rund produziert, damit sie futuristisch aussahen, wie eine Raumkapsel. Wir haben das Gerät dank einer Spende von unserem verstorbenen Vereinsmitglied Karl Schenk gerade neu kaufen können und werden es pünktlich zum Harburger Kulturtag in unsere Ausstellung integrieren.“

Das Electrum darf beim Harburger Kulturtag natürlich nicht fehlen. Und wie im vergangenen Jahr wird auch Hans-Joachim Rein wieder vor Ort sein. Der ehemalige Physiklehrer, der selbst Mitglied im Förderverein „electrum – Das Museum der Elektrizität e.V.“ ist, wird an einem kleinen Schautisch Phänomene der elektrischen Art präsentieren. Zum Beispiel erklärt er, warum zwei gleichartige Körper in einem Aluminiumrohr unterschiedlich schnell fallen. Beim letzten Kulturtag kam diese Sonderaktion sehr gut an. Außerdem bieten Margot Niemann und der 1. Vorsitzende Manfred Matschke zwischen 12 und 20 Uhr zu jeder vollen Stunde Führungen an, in deren Rahmen sie kuriose und spannende Elektrogeräte aus den letzten 130 Jahren vorstellen.

Dabei können die beiden aus dem Vollen schöpfen: Mehr als 1000 Exponate sind auf der 500 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche zu sehen. Darunter befinden sich ganz alltägliche Geräte wie Telefone und Schreibmaschinen, Plattenspieler und Fernseher, Toaster und Wasserkocher, aber auch ein so genanntes Orchestrion, also ein Musikwiedergabegerät von 1900, das früher in Gaststätten und Hotelfoyers stand und ein ganzes Orchester imitiert. „Die Führungen haben immer unterschiedliche Schwerpunkte“, verrät Margot Niemann. „Sehr gerne zeige ich zum Beispiel unser Helio-Lux von 1930, das ist ein Heilgerät. Damals setzte man sehr große Erwartungen in die Elektrizität und dachte, man könne damit Krankheiten heilen.“ Ob bei Halsweh, offenen Beinen, belegter Zunge, Augenschwäche oder Frostbeulen – die kleinen Elektroschocks sollten angeblich gegen alles helfen. „Man wollte damit die oberste Hautschicht stimulieren“, so Niemann weiter. „In Wirklichkeit allerdings konnte das Gerät bei zu häufigem Gebrauch die weißen Blutkörperchen zerstören. Aber die Vertreter haben damit damals richtig viel Geld gemacht.“

Ein anderer Schwerpunkt der Führung ist die Geschichte der Hamburgischen Electricitäts Werke (HEW), die dieses Jahr ihr 120-jähriges Bestehen feiern. Das Electrum war nämlich einst das Firmenmuseum der HEW. Damals zählte es im deutschsprachigen Raum zu den größten Museen auf diesem Gebiet, nach dem Verkauf der HEW an Vattenfall im Jahr 2001 wurde es jedoch geschlossen. Vor drei Jahren zog das Electrum dann in die neuen Räume nahe des Harburger Binnenhafens ein. Mehr als 10.000 Besucher haben die in Norddeutschland einzigartige Sammlung seitdem besucht.

Kein Wunder, für Margot Niemann liegen die Gründe für einen Besuch auf der Hand: „Wir sind nicht das typische, verstaubte Museum, sondern sehr nah an den Menschen“, sagt sie. „Hier guckt man nicht ehrfürchtig in die Vitrine, sondern wird mit Gegenständen aus seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert. Das ist ein ganz tolles Erlebnis und darüber freuen die Leute sich immer.“

Selbst junge Besucher kommen im Electrum auf ihre Kosten: Am Vorgänger von PlayStation und Co, einem TV-Multi-Spiel aus den Siebzigern, können sie Ping Pong oder „Super Mampfer“ spielen, eine Art PacMan. Aber auch die kürzlich angeschafften Tastkästen sorgen bei den Kids für Begeisterung. „Darin befinden sich acht elektronische Geräte und Gegenstände, die man erfühlen und ertasten kann“, so Margot Niemann.

„Einige sind ganz einfach, weil sie heute noch in Gebrauch sind, aber wir haben zum Beispiel auch einen Isolator, den kaum jemand erkennt, weil der hier im Hamburger Raum kaum bekannt ist.“ So wird der Besuch im Electrum zu einer echten Entdeckungsreise in die Welt der Elektrizität.

Harburger Kulturtag am 8. November 2014: Electrum, Harburger Schloßstraße 1 (gegenüber der Fußgängerunterführung), 12 bis 20 Uhr. Führungen zu jeder vollen Stunde. www.electrum-hamburg.de