Unterkünfte für bis zu 400 Flüchtlinge geplant. Opposition fürchtet große Spannungen und Konflikte

Harburg. Die neue Liste mit weiteren Standorten für Flüchtlingsunterkünfte in Hamburg zerstreut die letzten Zweifel: Dem Binnenhafen kommt zentrale Bedeutung bei der Unterbringung von Asylsuchenden zu. Noch in diesem Jahr sollen auf einem Wohnschiff und zwei zusätzlichen Pontons mit Containeraufbauten insgesamt bis zu 400 Flüchtlinge unterkommen. Am Lotsekai und am Kanalplatz sollen die schwimmenden Unterkünfte vertäut werden und den Binnenhafen voraussichtlich auf viele Jahre verändern.

Wie vom Abendblatt bereits berichtet, haben SPD und CDU diese Planungen in einem gemeinsamen Antrag im Vorfeld der Harburger Bezirksversammlung am kommenden Dienstag, 23. September, ab 17.30 Uhr im Rathaus, scharf kritisiert. Allein das ehemalige Hotelschiff „Transit“ ist 110 Meter lang und mit seinen drei Decks 14 Meter hoch. Momentan wird es auf einer Werft bei Rotterdam nach den Maßgaben der Sozialbehörde umgebaut. Aus den ursprünglich 84 separaten Kabinen sollen dann 14 Wohneinheiten werden. Um so auch Familien mit Kindern unterbringen zu können.

„Durch derartige Maßnahmen würde die positive Entwicklung des gesamten Quartiers beeinträchtigt und um Jahre zurückgeworfen“, heißt es in dem Antrag. Deshalb möge die Bezirksversammlung die Inanspruchnahme von Wasserflächen und Liegeplätzen im Bereich des Harburger Binnenhafens, insbesondere am Kanalplatz und am Lotsekanal, wie auch am Treidelweg und an den Uferzonen der Schloßinsel „mit Nachdruck“ ablehnen. „Im Hamburger Stadtgebiet gibt es in großem Umfang andere geeignete Liegeplätze, zum Beispiel den Ziegelwiesenkanal“, sagt SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath.

Die Bezirkspolitiker treibt dabei auch die Zukunft des Beachclubs um. Der Mietvertrag für die bisher genutzte Fläche am Veritaskai läuft am 30. September aus. Laut Information der beiden SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Sören Schumacher und Melanie Leonhard hat die Stadt dem Gastronom Heike Hornbacher nun ein Grundstück am Kanalplatz 16, also in unmittelbarer Nachbarschaft der Alten Fischhalle, zur Verfügung gestellt. Das gehe aus einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage hervor.

Mit der Zuweisung hat die Stadt nicht zuletzt auf den öffentlichen Druck reagiert, der unter anderem durch das Bürgerbegehren zum Erhalt des Beachclubs am Veritaskai entstanden war. In diesem Zusammenhang war auch mit Evokation gedroht worden, sollte die Bezirksversammlung (BV) einer Änderung des momentan gültigen Bebauungsplans zustimmen.

„Nach geltendem Recht kann der Senat allenfalls dem Bezirksamt eine Anweisung erteilen, nicht aber der BV, die schließlich durchweg aus gewählten Volksvertretern besteht. Und die BV ist Herr des Verfahrens, nicht die Harburger Verwaltung“, so CDU-Fraktionschef Klaus-Dieter Fischer.

Was Flüchtlingsquartiere auf dem Schwarzenberg angeht, hatte selbst Bezirksamtsleiter Thomas Völsch erhebliche Bedenken angemeldet. Natürlich seien hier die Voraussetzungen durch vorhandene Strom- und Wasseranschlüsse und befestigtes Gelände günstig. Andererseits gebe es bereits etliche rechtsgültige Nutzungsverträge, etwa für die Handwerkermesse und das Vogelschießen. „Deshalb können Unterkünfte auf dem Festplatz nur eine temporäre Notlösung sein“, so Völsch.

Für Harburgs Grüne kann die gesamte Liste neuer Flüchtlingsunterkünfte nur eine „Notmaßnahme“ sein. Für die jetzt ausgewählten Standorte müsse schnellsten Ersatz gefunden werden. „Der Anspruch, Unterbringungen durch Kleineinrichtungen und Dezentralität, integrationsfördernd zu konzipieren, ist mit dieser Maßnahme gestorben“, sagt die Fraktionsvorsitzende Britta Herrmann. Ulf Bischoff von der AfD bezeichnete die Liste als „kleinen Katalog der Grausamkeiten“ und warnte vor einer Überbeanspruchung des Sozialraums. „Solch eine kolossale Ballung von Flüchtlingen wie in Harburg birgt die große Gefahr von Spannungen und Konflikten“, so Bischoff.

Nach Ansicht des FDP-Abgeordneten Carsten Schuster kommt die Liste einer „Bankrotterklärung“ gleich: „Hier werden künftig in einem Radius von 2,5 Kilometer mehr als 1250 Flüchtlinge untergebracht. Ein Sozialraum, der ohnehin einen Migrationsanteil von über 50 Prozent hat, verträgt solch eine hohe Konzentration an öffentlichen Unterkünften nicht.“