Serie – Neu- und Ur-Harburger fotografieren den Stadtteil. Heute: Journalistin auf der Walz Jessica Schober

Harburg. Drei Monate und einen Tag ist Jessica Schober unterwegs. So lange soll ihre Wortwalz dauern, ihre Wanderung durch den Lokaljournalismus. Wie sonst Zimmerleute, Maurer und auch Bäckerinnen auf die Walz ziehen, so tippelt die 26 Jahre alte Reporterin durchs Land. Auf ihrer Reise hat Schober auch Halt in Harburg gemacht und ihre Eindrücke von der Stadt mit der Kamera festgehalten.

Die Digitalkamera ist dabei das einzige technische Gerät, das sie in ihrem Rucksack trägt. Denn wie die echten Wandergesellen verzichtet die Journalistin auf Handy und Laptop. Sie hält sich an die Regel, kein Geld fürs Reisen oder Übernachten auszugeben, sie trampt und wandert durchs Land. Dabei legt sie großen Wert darauf zu sagen: „Ich bin keine echte Wandergesellin. Aber ich bin so fasziniert vom Gedanken der Walz, von dieser Freiheit, diesem Loslassen.“ Außerdem wollte sie überprüfen, was alle immer an der Münchner Journalistenschule zu ihr sagten: Journalismus sei auch ein Handwerk. Bislang hat Schober schon Stationen in Pfaffenhofen, Bayreuth, Hamburg und bei Lübeck gemacht. Über ihre Erfahrungen schreibt sie auf der Seite www.wortwalz.de

In Harburg zog es sie vor die Tür und in die Natur. Bei einem Rundgang durch das Freilichtmuseum am Kiekeberg entdeckte sie die alten Handwerksstätten. „Dieser Ort atmet Geschichte, man fühlt sich richtig in die alte Zeit zurückversetzt“, sagt Schober. Besonders gut gefiel ihr der Spruch, der auf einen der wuchtigen Holzbalken am Kiekeberg geschrieben war: „Wer Meister ist? Der was ersann! Wer Geselle ist? Der was kann! Wer Lehrling ist? Jedermann!“

Weiterer Pflichttermin auf ihrer Tippelei durch Harburg war die Kneipe „Marias Ballroom“. Dort renovierte Wirt Heimo Rademaker gerade die Schankstube und schenkte ihr ein Bier aus. Das Besondere: Er ist zugleich so genannter „Vattern“ der Gesellenherberge der Rechtschaffenen Fremden. Wandergesellen dieses Schachts, die am schwarzen Schlips erkannt werden können, finden im Hinterhof eine Unterkunft. Eine einfache Kammer mit zwei Betten dient den Reisenden als Absteige. Ein kaputter Stenz – so heißen die geschwungenen Wanderstöcke der Gesellen – stand noch in der Ecke, als Schober vorbeikam. Wandergesellen traf sie aber nicht. Übernachtet hat Jessica Schober in einem Gartenhäuschen, und sie machte deshalb auch eine Tour durch die Schrebergärten des Hamburger Bezirks. „Harburg hat mich völlig überrascht, ich bin froh, dass ich hier einen ungeplanten Zwischenstopp eingelegt habe, sonst hätte ich nie entdeckt, wie schön es zum Beispiel am Fähranleger an der Süderelbe ist“, sagt Schober. Tatsächlich war sie bloß in Harburg gelandet, weil sie beim Trampen aus dem Hamburger Hafen heraus nicht viel weiter kam. Nun hat sie das Autobahnschild schon wieder im Blick. Wohin die Reise gehen soll, ist ungewiss. „Das weiß nur die Straße“, sagt Schober lachend. Doch die nächste Station war nicht so sehr weit entfernt. Hannover stand auf dem Schild, als sie aus dem Wagen ausstieg, in dem die schreibende Wandergesellin mitfuhr.