Seit April ist die Reso-Fabrik Träger des JUZ Tostedt. Beziehungsarbeit beginnt. Gute Zusammenarbeit mit Gemeinde

Tostedt . Das Jugendzentrum (JUZ) in Tostedt war bis vor ein paar Monaten ein führungsloses Schiff, das vor sich hin dümpelte. Die Besatzung tat, was sie konnte, aber es fehlte einfach am Kapitän. Das ist jetzt vorbei. Die Reso-Fabrik ist eingestiegen. Der Verein leistet seit 35 Jahren im Landkreis Harburg Kinder- und Jugendarbeit und ist an mehreren Standorten vertreten. Dennis Scheepker und Frances Oriola leiten seit April das Tostedter Jugendzentrum. Damit wurde in der Jugendarbeit endlich eine Lücke gefüllt, die lange klaffte.

Die vorgesehenen 2,25 Stellen für pädagogische Fachkräfte waren lange Zeit nicht besetzt. Vier Jahre gab es keinen Jugendpfleger in Tostedt. Fast zwei Jahre lang arbeitete kein hauptamtlicher Pädagoge mehr am Jugendzentrum. Eine unbefriedigende Situation für alle Beteiligten.

All das ist Dennis Scheepker und Frances Oriola natürlich zu Ohren gekommen. Scheepker räumt ein, dass er zunächst zurückhaltend reagierte, als ihm die Reso-Fabrik die neue Aufgabe anbot. „Aber als klar war, dass wir beide die Jugendpflege und die Leitung des Jugendzentrums übernehmen und uns die Aufgaben paritätisch teilen, war ich Feuer und Flamme“, sagt Scheepker. Auch für Frances Oriola war es wichtig, nicht alleine die Verantwortung übernehmen zu müssen. Insgesamt sind sie zu viert. Gemeinsam mit Gülges Müller und Tanja Brant, die zuvor das Jugendzentrum kommissarisch geleitet hatten, bilden sie nun ein Team.

Scheepker, ein Mann mit breitem Kreuz und festem Händedruck scheut auch nicht die Konfrontation mit den Jugendlichen. Bevor er und Oriola die Führung übernommen haben, war das Jugendzentrum bis 21 Uhr geöffnet. Jetzt schließt es zwei Stunden früher. Eine bewusste Provokation. „Damit wollen wir die Kinder und Jugendlichen locken, mit uns ins Gespräch zu kommen und verbindliche Verabredungen zu treffen“, sagt Scheepker. Das heißt: Aktionen wie beispielsweise Fußball spielen zur späteren Uhrzeit sind möglich, aber dann müssen die Jugendlichen auch zum verabredeten Termin aufkreuzen.

Dennis Scheepker weiß, was er tut, auch wenn der Vater eines Sohnes die längste Zeit seines Berufslebens als Offizier in der Bundeswehr verbracht hat – zwölf Jahre. Als er sich für einen sozialen Beruf entschied, war die offene Jugendarbeit sein Schwerpunkt. Mit dem Thema hat sich der Hollenstedter auch in seiner Abschlussarbeit im Studium auseinandergesetzt. Er absolvierte ein Praktikum im Jugendzentrum Buchholz und war später in der Jugendsozialarbeit in Buchholz tätig. Die Kollegin vom Jugendzentrum in Buchholz redeten ihm gut zu: „Das ist dein Ding, mache es.“ Mit Frances Oriola hat er eine erfahrene Kollegin an seiner Seite. Die 52-jährige zweifache Mutter hat mehrere Jahre im Heidekreis als Sozialpädagogin gearbeitet.

Jetzt muss das Duo Aufbauarbeit leisten. „Es ist ein fruchtbarer Boden. Es musste aber erst etwas gesät werden“, sagt Hartmut Wegener, Vorsitzender der Reso-Fabrik. Der Neubeginn reizt die beiden. „Ich habe richtig Abenteuerlust verspürt“, sagt Scheepker. Die Zusammenarbeit mit der Samtgemeinde Tostedt funktioniert. „Die Türen gehen auf, wir werden freundlich empfangen“, sagt Scheepker. Ähnlich äußert sich Bürgermeister Dirk Bostelmann. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass es richtig war, die Trägerschaft auf die Reso- Fabrik zu übertragen.“

Bislang haben sich Scheepker und Oriola vor allem mit dem Sommerferienprogramm auseinandergesetzt und ein umfangreiches Angebot zusammengestellt. Der größte und schwierigste Batzen Arbeit kommt noch auf sie zu: die Beziehungsarbeit. Keine leichte Aufgabe, vor allem, da es immer noch eine rechtsradikale Szene in Tostedt gibt. Scheepker und Oriola sehen sich allerdings nicht als Erzieher und die Jugendlichen als Zögling. „Das ist völlig veraltet“, sagen sie. Vielmehr begegnen sie den Jugendlichen auf Augenhöhe und bleiben mit ihnen im Gespräch. „Das ist Professionalität.“ . Egal, welche politische Farbe, die Tür steht den Jugendlichen offen. „Aber alles, was rechtlich verboten ist, findet in unserem Haus nicht statt“, betont Scheepker.

Nach den Erfahrungen der Reso- Fabrik suchen vier Gruppen das Jugendzentrum auf: Veranstaltungsbesucher; Jugendliche, die sich dort ab und an mal treffen; Besucher, die das tägliche Angebot wahrnehmen sowie schwierige Kids. „Wir entdecken die Jugendlichen jetzt nach und nach für uns.“ Scheepker und Oriola machen sich nichts vor. Sie wissen, dass es Jugendliche gibt, die nicht mehr wiederkommen. Scheepker: „Es ist wie in einem Restaurant. Selbst wenn ein neuer Koch noch so gut ist, manchen Stammgästen schmeckt es einfach nicht.“