Wenn die Bezirksversammlung die Erweiterung des Phoenix-Centers genehmigt, wollen die Anlieger vor Gericht ziehen

Harburg. „Gehen Sie einmal die Lüneburger Straße ab, und zählen sie vom Gloriatunnel bis zum S-Bahn-Eingang alle Geschäfte auf der rechten Seite! Sie kommen auf ungefähr 20. Das ist die Größenordnung von Geschäften – sowohl von der Anzahl, als auch von den Ladenflächen her – die in der Erweiterung des Phoenix Centers neu eröffnen sollen: Eine ganze Seite der Lüneburger Straße!“

So dramatisch schildert Oliver Krüger als Sprecher der Grundeigentümer im „Business Improvement District" (BID) Lüneburger Straße die Auswirkungen, die die Erweiterung des Phoenix Centers im Untergeschoss an der Oberfläche, speziell in der Harburger Innenstadt haben könnte. Denn eines ist für Krüger klar: Die neuen Ladenflächen im Einzelhandelskomplex vor den Toren des Harburger Stadtzentrums ziehen bestehende Geschäfte aus der Lüneburger Straße ab oder ziehen welche an, die sich sonst in der Harburger Fußgängerzone niedergelassen hätten.

„Da müssen wir mittlerweile auch gar nicht mehr spekulieren", sagt der ehemalige Geschäftsführer des Elektronik-Fachhändlers Marquardt: „Dieser Effekt, das so genannte Trading Down“ ist in den letzten Jahren erforscht und wissenschaftlich belegt worden: In der Nähe der großen Einkaufszentren veröden die Innenstädte innerhalb weniger Jahre nach der Eröffnung.“

Die Grundeigentümer in der Lüneburger Straße, die zuvor lange nicht mit einer Stimme gesprochen hatten, rauften sich deshalb nach der Eröffnung des Phoenix Centers zusammen und bilden gemeinsam den Business Improvement District. Der geht mittlerweile in seine zweite Phase. Den Taktstock im Konzert der fast 100 Grundeigentümer führt das Stadtplanungsbüro Konsalt. Es hat seinen Sitz in Altona und arbeitete dort auch an der Revitalisierung der Neuen Großen Bergstraße mit.

„Wir haben mittlerweile erste zarte Pflänzchen in der Lüneburger Straße, die andeuten, dass normaler Einzelhandel hierher zurückkehrt“, sagt Konsalt-Geschäftsführerin Margit Bonacker. „Die Modekette Gina Laura hat hier eine Filiale neu eröffnet, der Schuhhändler Schüttfort investiert im großen Stil. Diese Entwicklungen sind gefährdet, wenn das Phoenix-Center wie geplant erweitert wird.“

In der Politik werden allerdings längst die Weichen gestellt, um die Erweiterung des Phoenix-Centers zu genehmigen. Der Bebauungsplan Harburg 64 muss hierfür geändert werden und dem Center mehr Fläche zubilligen. Am Montag stimmte der Stadtplanungsausschuss der Bezirksversammlung zu, am Dienstag entscheidet die Bezirksversammlung. Dass sie gegen das Votum ihres Fachausschusses entscheiden wird ist zwar theoretisch möglich, in der Praxis aber fast ohne Präzedenz.

Oliver Krüger ärgert, wie die Debatte im Stadtplanungssausschuss ablief: „Allein wir hatten während der Planauslegung 23 einzelne Einwendungen eingereicht. Im Stadtplanungssauschuss war jedoch nur von 16 Einwendungen die Rede. Das verwundert doch.“ Von den 16 Einwendungen seien dann auch nur acht zugelassen worden sein. Und die Sammeleinwendung, die Rechtsanwalt Michael Günther im Auftrag der Grundeigentümer erarbeitet hatte, sei von dem Referenten im Stadtplanungssausschuss, Gerd Kruse vom Büro Elbberg, mit den Worten „Und dann hat auch noch ein Anwalt geschrieben“ abgetan worden.

Da könnte Kruse sich verschätzt haben, denn die Grundeigentümer haben sich diesen Anwalt mit Bedacht ausgesucht: Michael Günther ist Experte im An- und Durchfechten von Planverfahren. Er hat die Stadt schon bei der Finkenwerder Umgehung, der Airbus-Landebahn und der Fahrrinnenanpassung empfindlich geärgert.

Günther soll gegen die Bebauungsplanänderung vorgehen, wenn diese beschlossen ist. Er sieht gute Chancen, den Plan zu kippen. Vor allem wirft Günther den Planern vor, im Vorwege der Planaufstellung nicht alles öffentlich ausgelegt zu haben, was planungsrelevant sei. Zum Beispiel gebe es einen Durchführungsvertrag zwischen dem Phoenix Center und der Stadt Hamburg darüber, wie sich das Center und das Zentrum gegenseitig ergänzen können, statt einander zu schaden. „Dieser Vertrag schein aber sehr geheim zu sein. Man kann ihn nirgendwo einsehen. Das wäre aber für Einwendungen wichtig gewesen.“ Günther zieht deshalb ein kurzes und einfaches Fazit: „Dieser Bebauungsplan ist rechtswidrig“, sagt er.

Sollte er recht behalten und ein Verwaltungsgericht den Bebauungsplan nach seiner Umsetzung kassieren, kämen hohe Schadensersatzforderungen auf die Stadt zu, glaubt Günther.