Vorstand sucht bislang vergeblich Nachfolger. Die 25-Jahr-Feier im Jahr 2015 könnte zum Abschiedsfest werden

Neu Wulmstorf. Der Vorstand des Kulturvereins Neu Wulmstorf ist frustriert und ratlos. Vor zwei Jahren waren Bernd Hartmann und Frank Müller in der Hoffnung angetreten, das drohende Aus des Kulturvereins verhindern zu können. Sie haben alles versucht, sagen sie. Genützt hat es nichts. Zumindest nur wenig. Das, worauf es ankommt, ist jedenfalls nicht eingetreten, denn Nachfolger für den scheidenden Vorstand haben sich bislang nicht gefunden.

Es erscheint wie ein Déjà-vu. Vor drei Jahren war der Verein bereits am Scheidepunkt. Da übernahm Bernd Hartmann das Amt des Vorsitzenden von Gerd Mittelstädt, der zurückgetreten war. Hartmann hatte zu der Zeit bereits zehn Jahre als stellvertretender Vorsitzender im Verein gearbeitet. Längst Zeit, um für Jüngere Platz zu machen, fand er. Weil es aber an bereitwilligen Bürgern fehlte, die sich im Kulturverein engagieren wollten, übernahm er die Federführung. Es sollte ja weitergehen im Verein. Frank Müller wurde zu seinem Stellvertreter. Von Anfang an stand für beide fest, dass sie als neue Vorstandsspitze nur übergangsweise agieren.

Frank Müller ist 66 Jahre alt. Bernd Hartmann ist drei Jahre älter. Es fühlt sich für sie nicht richtig an, jenseits der Pensionsgrenze einen Kulturverein zu führen, der sich eigentlich ein jüngeres Publikum heranziehen sollte. In den vergangenen Jahren, in denen sie kommissarisch den Verein geleitet haben, haben sie vieles unternommen, um ihn neu aufzustellen. Ihn offener, jünger und noch interessanter zu machen, war das erklärte Ziel.

Das haben sie versucht, indem sie Puppentheater ins Programm aufgenommen haben, um junge Familien anzusprechen. Mit der A-cappella-Gruppe „anders“ wollten sie die 20-jährigen Besucher ansprechen und zeigen: „Der Kulturverein ist nicht so alt und verknöchert wie einige meinen“, sagt Frank Müller. Rappelvoll wird der Saal, war sich der Vorstand sicher. Die Sänger, die gerade mal erwachsen sind, bedienen mit zuweilen selbstironischen Songs das von jungen Musikfans stark nachgefragte Pop-Genre. Die Band „anders“ tourt durch ganz Deutschland, auch nach Berlin und München.

Aber als die Gruppe im April in Neu Wulmstorf auftrat, war der Ratssaal noch nicht mal gut gefüllt. „Etwa 100 Besucher waren da“, sagt Frank Müller. „Die meisten von ihnen in unserem Alter.“ Hartmann und Müller verstanden die Welt nicht mehr. Spätestens dann fragten sie sich: Was ist eigentlich los, was muss man noch unternehmen, um die Neu Wulmstorfer aus ihren Sesseln zu holen?

Es war immer das Bestreben des Vereins, für jeden etwas im Programm zu haben, um alle Generationen, aber vor allem die Besucher um die 40 anzusprechen. Die breite Masse des jüngeren Publikums mit Hilfe von gängigen Rock- und Pop-Konzerten zu erreichen, haben sie sich verboten, um dem Neu Wulmstorfer Jugendzentrum keine Konkurrenz zu machen.

Neben Kindertheater finden sich Jazz, Operette, Kunstausstellungen, Dia-Vorträge, Kabarett, Comedy und Klassik im Programm. Auch Platt ist dabei, um das ältere Stammklientel zu bedienen. „Wir bringen eine Gemüseplatte, und jeder holt sich sein Schmankerl raus“, sagt Hartmann. Doch die Erfahrung zeigt: Meistens kommen zu wenig Zuschauer. „Volle Häuser haben wir selten“, sagt er. Selbst bekannte Namen ziehen nicht.

Eine Antwort auf den Besucherrückgang haben Hartmann und Müller nicht gefunden. Doch einmal mehr sind sie jetzt sicher: „Es ist wichtig, dass jemand anderes einen neuen Vorstoß wagt“, sagt Hartmann. Die Bereitschaft ist aber nicht erkennbar. Der Verein hat 250 Mitglieder. Obwohl die Nachwuchsprobleme seit Jahren bekannt sind, erklärt sich keiner bereit, an die Spitze zu treten.

Frank Müller glaubt, das Problem liegt an geänderten Familienstrukturen: Kinder kommen später zur Welt, mit 40 Jahren haben die Eltern sie noch längst nicht groß gezogen, und das Haus ist auch noch nicht abbezahlt, so dass erst mit Mitte 50 und Anfang 60 Zeit wäre, sich einer ehrenamtlichen Aufgabe zu widmen. „Nur dann will es keiner mehr“, sagt Müller.

Jetzt wollen Müller und Hartmann auch nicht mehr. Sie haben es lange genug angekündigt und mehrere Einwohner gezielt angesprochen, um sie für die Vorstandsarbeit zu begeistern – ohne Erfolg. Für sie steht fest: Sollte sich innerhalb eines Jahres keiner finden, ist Schluss. „Was wir machen können, haben wir gemacht. Dann war’s das eben“, sagt Hartmann. Dabei bräuchten willige Nachfolger gar nichts zu fürchten. Hartmann und Müller liegt es fern, sie ins kalte Wasser zu werfen. Wenn nötig, würden sie ihnen ein weiteres Jahr zur Seite stehen, ihnen helfen, sie begleiten.

Ein Ende des Vereins würde noch weitere Kreise ziehen. Es würde die gesamte Kulturszene in Neu Wulmstorf auf unsichere Beine stellen und vielen Nachwuchskünstlern die Gelegenheit nehmen, vor großem Publikum aufzutreten. Das gilt etwa für das junge Sinfonieorchester der Musikschule Lepél, die noch dazu einen Kooperationspartner verlieren würde, der bisher ihre Veranstaltungen beworben hat. „Für uns ist der Verein sehr wichtig, weil er es uns ermöglicht, Künstler aus der Region hierher zu holen“, sagt Heiko Lepél, Leiter der Musikschule.

Auch die Zukunft von Caramba, der Theatergruppe des Kulturvereins, ist bei einer Auflösung völlig unklar. Bürgermeister Wolf Rosenzweig hofft, dass es mit dem Kulturverein weitergeht. „Er ist von großer Bedeutung für ein lebendiges Neu Wulmstorf, unter anderem ist das Maifest untrennbar mit dem Kulturverein verbunden“, sagt er.

Warme Worte, aber vielleicht hilft es alles nichts. Erklärt sich keiner bereit, die Vorstandsarbeit zu leisten, wird die 25-Jahr-Feier des Kulturvereins im nächsten Jahr ein Abschiedsfest.

Interessenten, die im Vorstand des Kulturvereins aktiv werden möchten, können sich per E-Mail (info@kulturverein-neu-wulmstorf.de) an den Verein wenden sowie an den Vorsitzenden Bernd Hartmann unter Telefon 040/7005463 oder an Frank Müller unter Telefon 040/7000341.