Die Frage, ob die Rückkehr des Wolfes ein Problem ist, würde sich nicht stellen, hätte der Mensch ihn nicht, wie viele andere Spezies, ursprünglich einmal ausgerottet.

Dass der Paradigmenwechsel in der Jägerschaft nicht überall auf Sympathien trifft, ist so typisch menschlich, wie der Jagdtrieb des Wolfes andererseits urnatürlich ist. Aber es gibt einen großen Unterschied: Er jagt Nahrung für sich und seine Welpen, der Mensch macht Milliardengeschäfte mit Fleisch. Wir sollten akzeptieren, dass Isegrimm manches Wildbret wegfrisst, das sonst in des Waidmanns Bratenröhre landen würde, und ihm die Beute gönnen.

Dass Wölfe in vergangenen Jahrhunderten erbarmungslos gejagt worden sind, hatte vor allem mit Nahrungskonkurrenz zu tun. Eine Ziege oder ein Schaf waren im 18. Jahrhundert nicht selten Ernährungsgrundlage einer Familie. Wurde dieses Tier gerissen, herrschte bittere Not. In unserer zunehmend übergewichtigen, übersatten Gesellschaft, ist der Wolf kein Nahrungskonkurrent. Er ist weit mehr eine Chance auf intakte Ökosysteme in Wald, Feld und Flur. Er ist keine Gefahr für den Menschen, es ist im dicht besiedelten Deutschland wohl eher umgekehrt.

Der Märchen-Mythos vom bösen Wolf gehört ins Mittelalter. Wie jedes Reh, jeder Fuchs oder Keiler meidet auch der Wolf Begegnung mit Menschen, wenn sie in seinen Lebensraum eindringen. Dass diese faszinierenden Raubtiere wieder unsere Wälder und Feldflure besiedeln ist ein Erfolg im Engagement für Natur- und Umweltschutz. Wie Wolf und Mensch wunderbar nebeneinander leben können sollte der Inhalt von Märchen und Geschichten sein, die wir heute unseren Kindern und Enkeln erzählen.