Hundener muss 1000 Euro Bußgeld zahlen, weil er seinen Hochsitz umstellte. Darauf hatte ein Storch sein Nest bezogen

Winsen. 1000 Euro Strafe muss ein 68-jähriger pensionierter Tierarzt zahlen. Grund dafür ist ein Storch. Der saß Anfang Mai vergangenen Jahres auf dem fahrbaren Jägerhochsitz des Tierarztes in der Hundener Feldmark. Dafür gibt es Fotobeweise. Als der Hochsitz umgesetzt wurde, verschwand der Storch. Das Tier wurde in seiner Ruhe gestört, befand das Amtsgericht Winsen am vergangenen Montag. Das Geld geht an die untere Naturschutzbehörde, der Storch ist nicht nur obdachlos, er geht auch leer aus.

Ob Adebar Junggeselle war oder in einer Partnerschaft lebte, konnte nicht abschließend geklärt werden. Dabei war das das große Streitthema. Während der Angeklagte behauptete, es sei ein Junggeselle gewesen, waren sich die als Zeugen geladenen Naturschützer nicht sicher – vielleicht war es ein Strohwitwer? „Denn ein Junggeselle hätte sich kein Nest gebaut. Das tun Störche nur, wenn sie vorhaben zu brüten“, sagt Storchenvater Hans Steinert aus Stelle. Einen zweiten Vogel hat jedoch niemand gesichtet. Obwohl Steinert das Tier zwei Stunden am Stück beobachtet hat. „Wahrscheinlich war der andere Storch auf Nahrungssuche“, sagt er. Es sei so trocken gewesen, dass der Partner stundenlang auf der Suche nach frischen Würmern gewesen sein könnte.

Neben der Partnerfrage beschäftigte den Richter auch, ob es sich tatsächlich um ein Nest auf dem Dach des Hochsitzes gehandelt habe. Während der 68-jährige Besitzer des Ansitzes behauptete, es habe sich nur um einige Zweige gehandelt, die der Wind bereits vom Dach gefegt habe, als er den Hochsitz umstellen wollte, sehen die Naturschützer das anders. Es habe sich ganz klar um ein Nest gehandelt. Vielleicht noch nicht mit allen baulichen Details, aber es sei eindeutig ein Heim für eine Storchenfamilie gewesen: Außen Zweige, innen ein weiches Polster aus Heu und Stroh. Die hätte kein Wind runterwehen können. Ein weiteres Problem: Der Storch will anonym bleiben. Er trägt keinen Ring, ist dem Storchenvater Steinert nicht bekannt.

Der Anwalt des Tierarzts wies den Richter noch einmal zaghaft auf die Verhältnismäßigkeit hin. „Das war ein Angriff auf das Eigentum meines Mandanten“, sagte er, „hier muss man von rechtfertigendem Notstand ausgehen.“ Er forderte Freispruch, die untere Naturschutzbehörde 3000 Euro für den Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz. Abschließend resignierte der angeklagte 68-Jährige: „Ich hätte jemanden vom Naturschutz fragen müssen, bevor ich den Hochsitz verrücke. Dann hätte ich wenigstens einen Zeugen gehabt.“

Doch auch das stimmte das Gericht nicht milde. Der Richter kam zu dem Schluss, dass es sich tatsächlich um einen Anfangshorst, ein im Bau befindliches Nest, gehandelt habe. Der Tierarzt sei schuldig, die Ruhestätte von Meister Adebar zerstört zu haben. „Das ist eine Situation, wo Eigentum zurückstecken muss“, so der Richter.

Würden besonders geschützte Arten beeinträchtigt, sähe die Gesetzeslage nun einmal eine empfindliche Geldbuße vor. Trotzdem fand auch der Richter 3000 Euro für die Vertreibung eines Storches zu hoch angesetzt. Er setzte das Bußgeld auf 1000 Euro fest.

Der Storch kämpfte weiterhin um seinen Platz im Landkreis Harburg. Wenige Tage später wurde in Stelle ein unberingter Storch gesichtet, der voller Motivation sein Nest auf einem Strommast errichten wollte. Wegen drohender Lebensgefahr für den Bauherren musste das Vorhaben jedoch unterbunden werden.