Moorburger Initiativen fordern den Senat auf, Vattenfall die Betriebserlaubnis für die Anlage zu entziehen

Moorburg. Der Senat soll Vattenfall die Betriebserlaubnis für das Kohlekraftwerk Moorburg entziehen. Das ist eine der zentralen Forderungen der beiden Moorburger Initiativen „moorburg forever“ und „Kraftwerk Moorburg stoppen“. Es sei nicht hinnehmbar, dass das Kraftwerk immer noch in der Testphase inzwischen schon drei Pannen produziert habe, so Claudia Kulenkampff aus Moorburg, Sprecherin von „moorburg forever“.

Nach der ersten Panne im Juni, als Moorburg beim Hochfahren eines Kessels in eine riesige Rußwolke gehüllt wurde (das Abendblatt berichtete), hatte der Energiekonzern Vattenfall den Moorburgern eine bessere Informationspolitik zugesichert. „Davon merken wir überhaupt nichts, weder als bekannt wurde, dass Legionellen im Kühlwasser gefunden wurden, noch jetzt, wo die Kohle im Zentrallager Probleme macht. Einige von uns bekamen nachdem Feueralarm eine Pressemitteilung von Vattenfall. Die lag allerdings erst in unseren Briefkästen, als wir von den Feuerwehreinsätzen längst in der Zeitung gelesen hatten“, so Kulenkampff.

Wie berichtet, war es am Freitag zum Einsatz der Feuerwehr auf dem Werksgelände gekommen. Erhöhte Kohlenmonoxidwerte wurden gemessen. Eine Information der Moorburger sei bislang nur spärlich gelaufen. Seit der ersten Panne beim erstmaligen Hochfahren des Kessels seien sie in zwei oder drei E-Mails vom Konzern über die aktuelle Testphase unterrichtet worden. „Das ist ja schön und gut. Uns wäre aber weitaus lieber, wir würden rechtzeitig darüber unterrichtet, wenn etwas schief geht im Kraftwerk. Wir haben bis heute nicht die von uns angeforderten Luftmesswerte von Juni“, sagt die Moorburgerin. Der Betreiber hatte sich im Sommer auf die Windvorhersage beim ersten Anheizen des Kessels verlassen. Nach Berechnungen des Vattenfall Konzerns hätte die Rußwolke über den Hamburger Hafen ziehen sollen. Allerdings hatte der Wind gedreht, die Wolke flog über den Ort Moorburg. Solche Pannen seien für die Menschen besser einzuordnen, wenn sie vernünftige Informationen bekämen, so Claudia Kulenkampff.

Der Konzern, so Kulenkampffs Mitstreiterin Astrid Matthiae von der Initiative „Kraftwerk Moorburg stoppen“, scheint ganz offensichtlich nicht in der Lage, dieses Kraftwerk ohne Pannen in der Testphase zu betreiben. Das lasse nichts Gutes für den endgültigen Betrieb ahnen. Den Moorburgern stinkt es inzwischen gewaltig, im wahrsten Sinne des Wortes. Ein penetranter Kokelgeruch hat den Harburger Stadtteil bei Ostwind im Griff. Und je näher die Menschen an das Kraftwerk heran gehen, um so übler wird der Geruch. „Mir kann wirklich niemand mehr erzählen, dass all das nicht für uns Moorburger gesundheitsschädigend ist. Wir leben hier mit unseren Kindern. Wir gehen spazieren, die Kinder spielen draußen, und niemand weiß, wie schädlich der Gestank ist“, sagt Claudia Kulenkampff.

„So lange sich die Umweltbehörde nicht dazu durchringen kann, Vattenfall die Betriebserlaubnis zu entziehen, soll sie selber den Kraftwerksbetrieb kontrollieren, anstatt sich die Daten von Vattenfall geben zu lassen“, so die Forderung der beiden Initiativen. Und Matthiae ergänzt: „Das Kraftwerk ist außerdem schlicht überflüssig. Es ist noch nicht am Netz, und nirgends fällt Strom aus. Deutschland exportiert so viel Strom wie nie zuvor. Außerdem bedeuten solche großen Einheiten auch immer ein großes Risiko.“

Im Konzern Vattenfall mag man die Kritik an der mangelnden Informationspolitik nicht gelten lassen. Vattenfall, so Konzern-Sprecher Stefan Kleimeier, habe „seinerzeit die berechtigte Kritik aus Moorburg an fehlenden Informationen zur Inbetriebnahme des Kraftwerks aufgenommen und darauf reagiert. Nach einer Einladung der Moorburger auf die Baustelle informieren wir die Anwohner nun regelmäßig über die Inbetriebnahmeaktivitäten und darüber, welche wahrnehmbaren Auswirkungen daraus resultieren könnten“. Allerdings, so Kleimeier weiter, gehe es nur um geplante und vorhersehbare Aktivitäten. „Bei kurzfristigen Entwicklungen, die sich innerhalb weniger Stunden ergeben, wie zum Beispiel bei den Hot Spots im Kohlekreislager, ist eine Vorabinformation leider nicht möglich“, sagt Stefan Kleimeier.

In solchen Fällen würden die Moorburger per E-Mail jene Informationen bekommen, die die Öffentlichkeit auch erhalte. „Eine Gefährdung der Moorburger durch erwärmte Kohle“, so Kleimeier, habe zu keiner Zeit bestanden.

Zu dem Vorwurf der Initiativen, Vattenfall sei nicht in der Lage, ein Kohlekraftwerk störungsfrei und verantwortlich zu betreiben, nimmt Kleimeier folgendermaßen Stellung: „Die Frage der Betriebserlaubnis macht sich in erster Linie am zuverlässigen und sicheren Betrieb des Kraftwerks fest. Die Sicherheit steht für uns an erster Stelle. Und uns liegen keinerlei Hinweise von Behörden oder Sicherheitskräften vor, die dies in Zweifel ziehen.“