Insolvenzverwalter will Grundstücke vom „Altländer Hof“ und „Herbstprinz“ offenbar verkaufen. Ausschuss pocht auf den Denkmalschutz

Jork. Der Altländer Krimi um das ehemalige, bis aufs Messer zerstrittene Wirtspaar vom „Herbstprinz“ bescherte Jork zwei Brandruinen. Der „Altländer Hof“ und der „Herbstprinz“, liegen in Schutt und Asche und beeinträchtigen das schöne Ortsbild massiv. Nun beantragte die Jorker SPD-Fraktion, „im Sinne eines zügigen Fortganges in Bezug auf die Bebauung auf dem Grundstück des ehemaligen Altländer Hofes“ eine Lockerung der bisher geltenden Bauvorgaben im zuständigen Fachausschuss zu diskutieren.

Die derzeitige Situation sei nicht haltbar und die SPD halte es für denkbar, eine Wohnbebauung mit Kettenreihenhäusern zu errichten, die lediglich zur Straßenseite einen Fachwerkgiebel bekämen. Zudem könne auch der angrenzende Parkplatz veräußert werden.

Hintergrund des Antrages ist die Vermutung, dass sich mögliche Investoren von den bestehenden Bauvorgaben abschrecken ließen.

Denn nachdem mit dem reetgedeckten „Altländer Hof“ und dem kleineren Pendant „Herbstprinz“ zwei der schönsten Altländer Traditionsgasthöfe in Jork innerhalb eines Jahres niedergebrannt waren, hatten sich alle neun Mitglieder des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses einstimmig entschieden, den originalgetreuen Wiederaufbau anzustreben.

Die Gebäude des Herbstprinz – mit der angrenzenden Altländer Kate – waren in Verbindung mit dem Altländer Hof städtebaulich und gestalterisch herausragende Gebäude in Jork, sagte der Ausschussvorsitzende Hans-Günther Cordes vom Bürgerverein Jork (BVJ) im Mai 2012.

Ausschussmitglied Harm Paul Schorpp (Grüne) sagte seinerzeit, dass mit diesen Beschlüssen der Gemeinde ein klares Zeichen gesetzt werden sollte. „Jork will nicht attraktiv für Spekulanten werden. Es muss klar sein, dass „abgebrannt“ nicht bedeutet, dass der Denkmalschutz ausgehebelt werden kann“, sagte Schorpp und verwies auf die dicke Baufibel zur Altländer Baukultur an der man sich orientieren wollte.

Deshalb sollte ein Wiederaufbau angestrebt werden, bei dem die Gebäude die Maße der abgebrannten Häuser haben und Baumaterialien, wie Fachwerk und Reetdach vorgeschrieben bleiben.

„Alles machbar“, bestätigte vor einem Jahr auch der Hamburger Architekt und Stadtplaner Hans Werner Prell, der sich seit mehr als 30 Jahren für den Erhalt historischer Gebäude und Gesamtensembles von architektonischem Wert engagierte. Der Experte für Altländer Baukultur, der neben dem Altländer Museum in Westerjork den Wertschen Hof in Borstel und den Schachthof, direkt neben dem Altländer Hof, vor dem Verfall bewahrt, hatte, sagte der Gemeinde seine Hilfe zu. „Wir haben den Einsturz der Gebäude verhindert, sodass sie heute wieder wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden“, sagte Prell dem Abendblatt. Der Schachthof, einst eine Ruine, sei heute nach dem Originalvorbild ein Kulturdenkmal, in dem Wohnungen und Büros genutzt werden.

Doch bei den beiden Brandruinen „Herbstprinz“ und „Altländer Hof“, die unter mysteriösen Umständen abgefackelt worden waren, ist die Situation besonders kompliziert, denn der Hamburger Insolvenzverwalter Christian M. Scholz will die Ruinen möglichst gewinnbringend versilbern.

Seine hochverschuldete Mandantin, die einstige Herbstprinz-Wirtin Sandra T. kaufte 2005 als Strohfrau für ihren damaligen Lebenspartner Andreas S. das Herbstprinz-Ensemble in Jork samt Wohnhaus. 2010 ersteigerte die Bergedorfer Gastronomin den wenige Meter entfernt stehenden „Altländer Hof“ für 100.000 Euro, bezahlte jedoch den Kaufpreis nie an die Sparkasse Harburg-Buxtehude. Deshalb sollte Ende Juli 2011 erneut zwangsversteigert werden.

Im Mai 2011 wurden Sandra T., ihr Liebhaber, der damalige Herbstprinz-Koch Marc W. und ihre Helfer wegen eines Mordkomplotts verhaftet. Das heimlichen Liebespaar hatte vier Männer angeheuert, die Andreas S., der geschäftlich die Fäden zog und von dem Sandra T. finanziell abhängig war, aus dem Weg räumen. Mit ihrem Geliebten wollte sie die Lokale allein führen. Andreas S. überlebte eine nächtliche Messerattacke nur durch Zufall. Mitte Juli 2011 kamen alle Angeklagten für zwei Wochen aus der Untersuchungshaft frei. In dieser Zeit, am 25. Juli, brannte der Altländer Hof, kurz vor der Zwangsversteigerung, nieder.

Einen Monat später, am 31. August 2011, meldete die Wirtin aus der erneuten U-Haft Insolvenz an. Sandra T.s Insolvenzverwalter Scholz hat bislang nur Schutt und Asche, was sich kaum zu Geld für die Gläubiger der Pleite-Wirtin machen lassen dürften. Und die Gemeinde Jork hat mit ihren Bauvorgaben einen Riegel vorgeschoben, dass Investoren auf dem Altländer-Hof-Areal lukrative Wohnhäuser bauen, die das Ortsbild verändern.

Wie die meisten Jorker Bürger geht inzwischen auch Stades Polizeisprecher Rainer Bohmbach davon aus, dass wie beim „Herbstprinz“ auch beim "Altländer Hof" Brandstifter am Werk waren. Der oder die Täter sind bis heute nicht gefasst, die Stader Staatsanwaltschaft legte Fall zu den Akten, zumindest so lange, bis es neue Erkenntnisse gibt, so Kai Thomas Breas, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Für Hinweise, die zur Ermittlung des oder der Brandstifter führen, setzte die Versicherung eine Belohnung von 25.000 Euro aus.

Nutznießer für den Fall, dass die Versicherungen für die abgebrannten Häuser zahlen würden, wäre die Eigentümerin Sandra T. und somit ihr Insolvenzverwalter.

„Unser einziges Interesse ist, wie rentabel das Grundstück in dieser exponierten Lage bei einer Bebauung würde“, sagt der Vertreter der Hauptgläubiger Olaf Stritzke von der Sparkasse Harburg-Buxtehude. „Zahlreiche Interessenten stehen in den Startlöchern und hoffen wie wir auf Gesprächsbereitschaft der Gemeinde in puncto Bebauung.“

Der mit dem Verkauf der Ruine betraute Sven Ingwersen, Geschäftsführer von „b.i.s Immobilien“ hofft, für das Grundstück 250.000 Euro zu bekommen.

Da der Denkmalschutz aufgehoben sei, könne das rund 1.940 Quadratmeter große Grundstück, auf dem das 1750 erbaute, ortsprägende Haus stand, zerteilt werden. Ob dafür von der Gemeinde grünes Licht gegeben wird, soll nun zunächst im Bau-, Planungs- und Umweltausschuss beraten werden.