Wandertour zum Hasselbrack: Der Hügel in der Fischbeker Heide ist mit 116 Metern die höchste natürliche Erhebung der Hansestadt.

Neugraben-Fischbek . Bisher kannten nur wenige Eingeweihte Hamburgs Höhepunkt. Nahezu nichts weist auf ihn hin. Die Wanderfreunde Hamburg haben der Geheimniskrämerei ein Ende gesetzt und an der Stelle, an der es auf Hamburger Boden am höchsten hinaus geht, einen zwei Tonnen schweren Findlingsstein setzen lassen. Der 116 Meter hohe Hasselbrack in den Harburger Bergen ist die höchste natürliche Erhebung der Freien und Hansestadt. 20 Frauen und Männer der Wanderfreunde haben sich jetzt zu einer Expedition aufgemacht, um auf dem Gipfel mit Wasser und Sekt anzustoßen - das Abendblatt war mit dabei.

Erstbesteiger seien die Wanderfreunde nicht, sagt die Vereinsvorsitzende Helga Weise. Vor ihnen war schon jemand da. Abenteuerlustige Radfahrer, die sich zum Ziel gesetzt haben, die höchsten Gipfel aller Bundesländer zu erklimmen, hätten den Hasselbrack zum ersten Mal im Internet öffentlich gemacht. Sie haben auch ein Kästchen deponiert, in dem ein sogenanntes Gipfelbuch, eine Art Gästebuch, liegt. Wer herkommt, kann darin eine Botschaft hinterlassen.

Auch wenn die Harburger Berge mit Routen für Wanderer, Reiter und Mountainbiker touristisch erschlossen scheinen, führt kein Wegweiser auf Hamburgs höchsten Berg. Er liegt im Naturschutzgebiet Fischbeker Heide und die Umweltbehörde wolle keine Massenwanderungen dorthin auslösen, erklärt Helga Weise. Dem Projekt Findlingsstein der Wanderfreunde habe die Behörde aber zugestimmt.

"Der Wald als solcher ist schön. Doch die Menschen brauchen immer einen Anreiz loszugehen", sagt Helga Weise. Auf Hamburgs höchsten Berg zu steigen sei so ein lohnenswertes Ziel. Als größte Herausforderung des Bergsteigens gilt die Seven-Summits-Tour, die jeweils höchsten Berge der sieben Kontinente zu besteigen. In Anlehnung daran haben die Wanderfreunde Hamburg die Sieben-Gipfel-Tour in den Harburger Bergen geschaffen.

Wo also geht es auf Hamburgs Gipfel? Die Expedition beginnt am Ende des Falkenbergwegs in Neugraben-Fischbek. Hier an der Bushaltestelle "Waldfrieden" geht es in Richtung Süden. Wer mit dem Kompass nicht vertraut ist, folgt dem Hinweisschild zum Freilichtmuseum am Kiekeberg. Gipfelstürmer verlassen die Museumsroute, am Wegweiser "Moisburger Stein". Am historischen Grenzstein der Ämter Harburg und Moisburg geht es vorbei, bis sich der Weg am Schild "Naturschutzgebiet Fischbeker Heide" gabelt. Der Pfad nach links führt in einem Bogen auf den Hasselbrack. 3,07 Kilometer ist der Aufstieg ab "Waldfrieden" lang, hat Helga Weise gemessen. 46 Minuten benötigen die Wanderfreunde dafür. Steile Hänge müssen nicht bewältigt werden.

Das Herz beginnt langsam, aber stetig schneller zu pumpen. Wer einen fantastischen Panorama-Blick auf Hamburg erwartet, wird enttäuscht sein. Auf Hamburgs Berg steht der Gipfelstürmer im Wald. Der Hasselbrack bietet keine Aussicht, überall stehen Bäume. "Wenn man aber weiß, dass hier die höchste Erhebung ist, dann ist das ein dolles Gefühl", sagt Helga Weise. Man sieht es an den Expeditionsteilnehmern an. Sie sehen glücklich aus. Der zwei Tonnen schwere Stein, ein Bote aus der Eiszeit, ist die Attraktion auf Hamburgs Gipfel. "Hasselbrack, 116 Meter, höchster Punkt Hamburgs", hat ein Steinmetz hineingraviert. Otto Thiemann vom Interessenforst Fischbek - in dem Privatwald liegt der Hasselbrack - hat den Brocken mit einem Radlader hinaufgeschafft.

Der Findling ist ein Geschenk des Unternehmens August Ernst aus seiner Kiesgrube in Lürade. Ein unscheinbarer Quader, nebenan im Boden, zehn mal zehn Zentimeter groß, ist der offizielle Beweis dafür, tatsächlich an Hamburgs höchster Landerhebung zu stehen. Der kleine dunkelgraue Stein zeigt ein Kreuz. "Eine stilisierte Windrose", wie Helga Weise erklärt. Landvermesser kennzeichnen den höchsten Punkt.

Die Expedition erwartet ein böse Überraschung: Mit einem schwarzen Stift hat jemand das Wort "Gipfel" auf den Findling gekritzelt. "Was sind das für Leute?", fragt eine Wanderfreundin.

Die zweite Attraktion auf dem Hasselbrack ist das Gipfelkästchen, in dem Besucher kleine Aufmerksamkeiten hinterlassen. Eine Vereinszeitung der Wanderfreunde liegt darin. Aber auch ein Plastikgefäß in Form einer Tomate. Und ein Baby-Schnuller. Mehr oder weniger Lebenswichtiges also. Auch ein Kondom muss darin gelegen haben, dass einem Besucher offenbar viel Freude bereitet hat: "Nach langem Ritt haben wir den Gipfel erklommen. Danke für Kondom." hat ein anonymer Witzbold in das Gipfelbuch geschrieben.

Viele Einträge enthalten Bitten, auf Hamburgs Höchsten Berg hinzuweisen. "Nach zweimaligen Anlauf den Gipfel gefunden. Eine einfache Markierung sollte schnellstmöglich erfolgen", haben etwa Bodo und Gabi notiert.

Der 116 Meter hohe Hasselbrack ist nicht der niedrigste Gipfel unter den höchsten Erhebungen der Bundesländer. Bremens höchste natürliche Erhebung ragt gerade einmal 32,50 Meter in die Höhe und liegt im Friedehorstpark im Stadtteil Lesum. Und in der ewigen Rivalität zwischen Hamburg und Berlin liegen die Hauptstädter nur wegen einer Schummelei vorne. Zwar gilt der 120 Meter hohe Teufelsberg als höchste Erhebung Berlins. Doch der Trümmerberg in Grunewald ist ein von Menschenhand künstlich geschaffenen Berg, aufgehäuft aus 26 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt. "Die Berliner", deckt Helga Weise auf, "haben aufgehäufelt, um noch größer zu sein."