Grundschule Kerschensteinerstraße holt für Projektwoche den Circus Laluna auf den Schwarzenberg

Harburg. Konzentriert balanciert die neunjährige Leona auf einem straff gespannten Seil mitten in der kleinen Manege. Vier Meter weiter hängt Can kopfüber an einem Trapez und hält Marie fest bei den Händen, damit sie eine Drehung vollführen kann. Dass große Zirkusse immer wieder auf dem Schwarzenberg ihre Zelte aufschlagen ist nicht neu. Doch diesmal geschieht unter der Kuppel des gelb-roten Chapiteaus Außergewöhnliches. Denn Leona, Can und Marie sind keine professionellen Artisten, sondern allesamt Schüler der Harburger Grundschule Kerschensteinerstraße.

Für eine Woche tauchen insgesamt 240 Mädchen und Jungen, von der Vorschule bis zu Viertklässlern, sowie 36 Kinder der Kitas Bissingstraße und Kerni-Kids in die magische Zirkuswelt ein. Eine Welt, in der jedes Kind seinen Platz findet: die sportlichen als Akrobaten, die wagemutigen als Fakire, die motorisch starken als Jongleure. Und - man höre und staune - die zurückhaltenden und schüchternen nicht selten als Clowns. Doch selbst für die, die es nicht ins Rampenlicht drängt, findet sich eine wichtige Aufgabe, etwa als Beleuchter oder Requisiteure.

"Dieser Rollenwechsel bedeutet für fast alle Kinder eine neue Lebenserfahrung, die sie fordert, fordert und fasziniert, ganz wie es dem Leitbild unserer Schule entspricht", sagt die stellvertretende Schulleiterin, Banu Graf, die den Projektzirkus Laluna nach Harburg holte. Die Zirkusatmosphäre rege nicht nur Fantasie und Kreativität an, sie fördere auch ungeahnte Talente und Begabungen zutage. "Die Kinder können über das Training an den einzelnen Darbietungen ihre eigenen Fähigkeiten und Grenzen ausloten", so Banu Graf.

Zehn verschiedene Nummern bieten die neun professionellen Artisten des Circus Laluna an, die an drei Tagen in jeweils zweieinhalb Stunden trainiert werden. Es wird gezaubert und jongliert, geturnt und getanzt. Am Ende gibt es auch Feuerspucker und Fakire und sogar eine schwebende Jungfrau.

Zirkusdirektor Mike Rosenbach, 49, arbeitet im Bewegungsraum der Grundschule mit den jungen Fakiren. Mutig laufen die Zweitklässler Henri und Yusuf auf der Klasse 2a und andere Schüler über Glasscherben, setzen sich auf ein Nagelbrett oder hantieren mit echten Fackeln. Es ist ein kontrolliertes Spiel mit dem Feuer, wenn sie die Flamme effektvoll über Arme und Hände tanzen lassen.

Besonders für sozial benachteiligte und lernschwache Schüler sei die Projektwoche eine wichtige Erfahrung, sagt Rosenbach: "Sie können sich beim Training ohne Konkurrenzdruck und Bewertungsstress beweisen und bekommen Anerkennung, die ihnen sonst oft versagt bleibt." Das bestätigt Lehrer Wolfgang Stöver: "Die kleine Marina aus der 2c gibt sich im Schulalltag eher ängstlich und unsicher. Am Trapez aber hat sie mutig und sehr selbstbewusst geturnt." Solch ein positives Erlebnis sei gut fürs Selbstwertgefühl, wirke weit über dieses Projekt hinaus.

Laut Manu Graf stärke die Zirkuswoche indes auch das Gemeinschaftsgefühl. "Das ist schon am Sonntag deutlich geworden, als 30 bis 35 Lehrer und Elternvertreter beim Aufbau des Chapiteaus mit anpackten, das eine Stunde eher stand, als geplant." Wie sich alle Pädagogen und sogar ehemalige, schon pensionierte Kollegen eingebracht hätten, habe sie schlichtweg begeistert: "Ich habe schon das Gefühl, dass Kollegium und Elternrat in diesen Tagen noch näher zusammengerückt sind."

Das macht die stellvertretende Schulleiterin auch daran fest, dass die Finanzierung des Projekts zu keiner Zeit infrage stand. Zehn Euro pro Kind kostet das Engagement des Circus Laluna. So konnte über Sponsoren wie das Jugendamt, die Budnianerhilfe und den lokalen Rotaryclub so viel Geld akquiriert werden, dass jedes Kind nur noch fünf Euro mitbringen musste.

Zudem wurden 2000 Handzettel verteilt, mit denen gezielt Werbung für die öffentlichen Vorstellungen gemacht wird, die in den kommenden drei Tagen zum Höhepunkt der Projekttage werden sollen. Und zu denen es für bedürftige und kinderreiche Familien auch Freikarten geben wird.

Seiltänzerin Leona freut sich jedenfalls schon auf ihren Auftritt vor großem Publikum: "Natürlich bin ich schon mächtig aufgeregt. Aber das gehört wohl einfach dazu."

Circus Laluna, Projektwoche der Grundschule Kerschensteinerstraße. Öffentliche Vorstellungen am Do., 18. April, und Fr., 19. April, jeweils 17 Uhr sowie am Sa., 20. April, um 10 und 14 Uhr. Eintritt für Erwachsene 10 (Loge) und 8 Euro, für Kinder 6 und 5 Euro. Die Zirkuskasse öffnet immer eine Stunde vor dem Vorstellungsbeginn.