Auf einem Parkplatz am Veringhof steht eine mobile Sauna für Jedermann: Humorvoller Protest gegen die Bäderland AG

Wilhelmsburg . Die Straße Am Veringhof ist zurzeit Wilhelmsburgs heißeste Ecke. Politisch, weil der Standort für einen Neubau zur Ansiedlung von Fundus und Werkstätten der Hamburger Staatsoper im Stadtteil umstritten ist. Im wahrsten Sinne des Wortes, weil unweit der Filiale der Bäckereikette "Dat Backhus" eine mobile Sauna Station gemacht hat. In einem alten, innen mit Holz getäfelten Wohnwagen der britischen Marke Sprite + Major können Elbinselbewohner und -besucher vor einem finnischen Ofen voraussichtlich noch bis Mittwoch zur Entspannung schwitzen.

Ein vorzeitiges Ende halten die Sauna-Betreiber nur aus zwei Gründen für zumindest theoretisch denkbar: Die Tagestemperatur steigt dauerhaft auf mehr als zehn Grad, so dass den Menschen die Lust am Schwitzbad vergeht. Oder das Holz zum Heizen geht aus. Beides gilt als unwahrscheinlich.

Ideengeber sind die Kulturwissenschaftlerin Sanne Neumuth , 31, und Florian Tampe, 38 aus dem von Künstlern besetzten Hamburger Gängeviertel. Von dort stammt auch der zur Sauna umgebaute Wohnwagen. "Verschwitzt" nennen die beiden bewusst zweideutig ihr stadtkulturelles Projekt. Sie wollen damit humorvoll darauf hinweisen, dass in dem Hallenbad-Neubau Am Inselpark auf eine Sauna verzichtet worden ist - ein Missstand, wie nicht nur sie meinen. Das frühere, inzwischen abgerissene Schwimmbad in der Dratelnstraße hatte den Besuchern noch eine Sauna geboten.

"Wenn man den Einbau einer Sauna vergessen, also verschwitzt hat, könnte man ja nachträglich eine einbauen", richtet Florian Tampe mit der Kunstaktion einen Appell an den Badbetreiber Bäderland. Die temporäre Sauna ist ein politisches Statement. Als Protest wollen die beiden Initiatoren sie aber nicht verstanden wissen: "Wir sind nicht gegen, sondern für etwas. Und wir sagen es so, dass wir niemandem weh tun", sagt Sanne Neumuth.

Die 31-Jährige ist selbstständige Unternehmerin für Projekte und Ideenmanagement im Kultur- und Stadtraum. Sanne Neumuth hat in Bremen Kultur- und Kunstwissenschaften studiert und lebt seit eineinhalb Jahren in Wilhelmsburg. Auf der Brache am Bremer Güterbahnhof hatte sie in Zusammenarbeit mit der "ZwischenZeitZentrale", dessen Träger der Bremer Wirtschaftssenator ist, einen Do-it-Yourself-Designmarkt organisiert. In ihrer Wahlheimat Wilhelmsburg ist sie bisher mit einem Guerilla-Gardening, Beetbepflanzungen im Stadtraum, in Erscheinung getreten. Da das Ideenbüro noch nicht genug für den Broterwerb abwirft, designt Sanne Neumuth zusätzlich Kinderkleidung.

Die Sauna als Kulturprojekt wirft kein Geld ab. "Wir kalkulieren nicht wirtschaftlich", sagt Sanne Neumuth. Die beiden Initiatoren halten Badelatschen und weiße Saunatücher für die Gäste bereit und übernehmen auch die Wäsche. Auch Saft und Bier halten sie bereit. Diese Annehmlichkeiten und der Saunagang selbst sind gratis. Gäste bedanken sich mit einer Spende in eine Kasse des Vertrauens. Zwischen zwei und fünf Euro gebe jeder Gast, so die Erfahrung.

Die beiden Initiatoren verstehen die Sauna als Geschenk an die Elbinselbewohner, die seit dem Abriss des alten Hallenbads ohne öffentliche Sauna im Stadtteil sind. Deshalb hat Florian Tampe den Wohnwagen in weiße Laken gehüllt - wie Geschenkpapier. Nur die Schleife fehlt.

Wer auf der anderen Straßenseite des Nahversorgungszentrums mit Edeka-Markt, Lidl-Markt und Bäckerfiliale zum Wohlfühl-Schwitzen geht, sollte zumindest nicht schüchtern sein. Saunagäste duschen sich zur Abkühlung im Freien ab, mit in Gießkannen bereit gestelltem Leitungswasser. Ein Hang zum Exhibitionismus ist aber nicht nötig: Zum Umziehen können sich Saunagänger diskret in einen dafür bereit gestellten VW-Bus zurückziehen.

Zwölf Quadratmeter ist die mit Birkenholz vertäfelte Wohnwagen-Sauna groß. 10 Menschen passen problemlos gleichzeitig hinein. Der Umbau des Wohnwagens zu einer Sauna sei genehmigt worden, sagt Florian Tampe. Alles, was anschmoren könnte, sei entfernt worden. Täglich ab 13 Uhr heizen Florian Tampe und Sanne Neumuth den finnischen Offen mit Brennholz an. Gäste können noch um 22 Uhr kommen. Erst um 23 Uhr schließt die Sauna. 25 Besucher am Tag nutzten bisher das Schwitzbad, sagt die Kulturwissenschaftlerin. Über die Internet-Kommunikation ihrer Universität haben die beiden Studenten Martin, 30, und Yannick, 25, von der "Guerilla-Sauna" auf der Elbinsel erfahren und sich zu einem Besuch entschlossen: "Wie in einer echten Sauna - nur besser", sagt Martin bei 80 Grad.

Sogar der türkischen Zeitung Hürriyet war die Wander-Sauna in Wilhelmsburg schon ein Bericht wert. In Finnland kommen etwa 50 Wander-Saunen-Betreiber jedes Jahr zu einem landesweiten Treffen zusammen. Dabei schwitzen sie sogar in zu Heißschränken umgebauten Eisschränken.