Die Bezirksversammlung Harburg kann sich nicht auf eine einheitliche Linie zu dem umstrittenen Verfahren einigen. Mehrheit für ein klares Votum reicht nicht aus.

Harburg. In Sorge wegen des Fracking-Antrags von ExxonMobil seien alle Fraktionen, sagte Michael Dose, SPD-Abgeordneter in der Harburger Bezirksversammlung. Dennoch reichten die Mehrheiten in der jüngsten Sitzung der Bezirksversammlung nicht für ein klares Votum aus Harburg gegen Fracking. Auf der Agenda der Sitzung im Rathaus standen zu dem Antrag der ExxonMobil Production Deutschland GmbH "auf Erteilung der bergrechtlichen Erlaubnis Vierlande für die Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen", drei Anträge der Fraktionen SPD, CDU und der Grünen. Wie berichtet, will der Energiekonzern auch in Harburg Voruntersuchungen starten.

Die Grünen und die Partei Die Linke forderten ein kategorisches Nein zum Fracking. Die Grünen wollten einen Beschluss herbeiführen, in dem die Bezirksversammlung klar stellt, dass "Der Bezirk Harburg Fracking-Verfahren, sowie die dazu gehörigen Voruntersuchungen zur Erschließung von unkonventionellen Vorkommen von Erdgas und Erdöl im Bezirk ablehnt". CDU und SPD hingegen wollen sich zuerst besser über die Pläne des Energiekonzerns in Harburg informieren lassen.

Längst ist bekannt, dass zu dem von ExxonMobil umrissenen Gebiet "Vierlande" auch Teile Harburgs gehören. Zu den in Frage kommenden Gebieten gehören unter anderem die Haake und der Bereich Harburg Mitte. Um im Gestein gelagerte Erdgasvorkommen zu fördern, wird beim Fracking (Hydraulik Fracturing) eine mit Chemikalien versetzte Flüssigkeit mit hohem Druck in die Tiefe gepresst. So werden künstliche Risse im Gestein erzeugt. Das gastragende Gestein wird aufgebrochen. Das Gas kann gefördert werden. Für eine Bohrstelle würden rund 19 Millionen Liter Trinkwasser verbraucht, ein Giftcocktail von bis zu 100 chemischen Stoffen, darunter zahlreiche hoch giftige, Krebs erregende, genverändernde Substanzen, würden bei jedem Fracking-Durchgang in den Boden gepresst, so die Grünen. "Die Auswirkungen auf die Trinkwasservorkommen sind nicht bekannt. Mehr Informationen brauchen wir nicht. Wir lehnen diese Methode der Energiegewinnung ab", sagt Bezirksabgeordneter Jürgen Marek (Die Grünen).

Letztlich entscheiden wird das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie über den Antrag von ExxonMobil. Michael Doses Einwand, dass seine Fraktion ohne eine entsprechende Umweltverträglichkeitsprüfung dem Fracking in Harburg nicht zustimmen werde, vorab aber mehr Informationen brauche, wurde glatt von der Opposition vom Tisch gefegt. "Das Bergrecht, nach dem der Antrag beschieden wird, sieht keine Rechte der Bürger vor. Es sieht auch keine Verpflichtung vor, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durch zu führen. Sie werden Ihre Prüfung nicht bekommen, die braucht ExxonMobil nämlich nicht", war Mareks Antwort in Richtung SPD.

Auch Sabine Boeddinghaus (Die Linke) konnte das Ruder in der Bezirksversammlung nicht mehr herum reißen. "Ich hätte mir in diesem Punkt gewünscht, dass wir uns alle, überparteilich, klar gegen Fracking in unserem Bezirk aussprechen würden. Fracking ist politisch gesehen die Rolle rückwärts in das fossile Zeitalter. Und das ist die Richtung, die wir nicht wollen. Im Landkreis Harburg hat man die Menschen schon mit den Voruntersuchungen zum Fracking überrascht. Das sollte uns eigentlich warnen. Und wir müssen uns dafür einsetzen, dass das Bergrecht, das aus Zeiten des Kaisers stammt, endlich novelliert wird. Fracking gehört verboten", sagte die Linken-Abgeordnete.

Es sei ihr ein Rätsel, so Boeddinghaus, was sich CDU, SPD und FDP von einer Informationsveranstaltung erhofften. "Sehen Sie sich doch den Antrag, der uns vorliegt, von ExxonMobil an. Da sind doch auch alle wichtigen Passagen mit den interessanten Details geschwärzt. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass wir in den Ausschüssen mehr dazu hören werden.", so Sabine Boeddinghaus. SPD, FDP und CDU blieben auch nach der Debatte im Rathaus bei ihren Anträgen und lehnten den Grünen-Antrag mehrheitlich ab. "Wir müssen erst mal mehr über die Erfahrungen zum Fracking wissen, bevor wir uns abschließend eine Meinung bilden können. Die Zweifel an diesem Verfahren müssen ausgeräumt werden", sagte Berthold von Harten (CDU).