Vereinsmitglieder müssen sich von rund 10.000 Exponaten trennen, einiges geht möglicherweise nach Hannover. „Viele schlaflose Nächte.“

Stade. Kranwinden heben tonnenschwere Lasten, Männer schleppen technische Geräte und historische Museumsstücke aus der ehemaligen Eisen-Edler-Halle an der Freiburger Straße. Unübersehbar ist die Wehmut in den Gesichtern der Mitglieder des Museumsvereins. Alles, was sie seit 1983 gesammelt, in ehrenamtlicher Arbeit mit viel Mühe und Liebe restauriert und in anschaulichen Ausstellungen aufgebaut haben, wird nun aus ihrem Museum herausgetragen.

Dafür schließt der Gerichtsvollzieher im Auftrag der Hansestadt Stade, die als Gebäudeeigentümer das Museum räumen lässt, an bestimmten Tagen morgens die Türen auf und abends wieder ab. Dazwischen heißt es Abschiednehmen von Kuriosem und Kostbarem, das die Entwicklung der Technik über mehr als 100 Jahre dokumentiert.

Ein kleiner Trost könnte den Frauen und Männern vom Technik- und Verkehrsmuseum bleiben, wenn am Sonnabend die Verträge mit der Geschäftsführung der "EilersWerke" Besitzgesellschaft in Isernhagen bei Hannover erfolgreich abgeschlossen werden. "Dann könnten große Teile unserer technischen Themensammlungen erhalten bleiben und als Exponate der EilersWerke - Mobile Welten Hannover weiter für ein interessiertes Publikum zugänglich bleiben", sagt Walter Müller, Vorsitzender des Museumsvereins.

Auf dem historischen Werksgelände der ehemaligen Louis-Eilers-Stahlwerke entsteht derzeit ein einzigartiges Projekt, das Hannovers Industriegeschichte rund um das Thema Mobilität in verschiedenen Ausstellungen und historischen Gewerken mit den Herausforderungen der Zukunft anschaulich und erlebbar vereinen soll. So plant es jedenfalls der Verein zur Förderung der EilersWerke - Mobile Welten Hannover, dessen Vorsitzender der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange ist. Der Verein will neben vielfältigen themenorientierten Ausstellungen damit verbundene Handwerkstradition darstellen und bewahren.

Was der Stader Verein im Kleinen konzipiert hat, könnte so Teil einer Groß-Ausstellung werden. "Dazu stehen wir in Verhandlungsgesprächen mit dem Stader Museumsverein", bestätigt Nicole Zielcke-Lagershausen, Pressesprecherin der EilersWerke - Mobile Welten.

Rund 10.000 Exponate umfasste die Sammlung der Stader Technikenthusiasten, die nun Schnäppchenjäger und Sammler zum großen Ausverkauf der Raritäten in die Stader Museumshalle lockt. Hobbyschrauber und Handwerker schauen sich in der Tischlerei und Schlosserei Werkzeuge und Arbeitsgeräte an, die sie dem Museumsverein abkaufen wollen. Das ist allerdings die Ausnahme. Denn wenn irgendmöglich sollen die Themenexponate, wie etwa eine Küche von 1890, die Schmiede, Fahrradwerkstatt oder Bahnstation mit der historischen Lokomotive aus Kaiserzeiten nicht zerstört werden.

So verladen Edmund Hänel, Konrad Schmidt, Hans Metzner und Horst Elendt auch in mühevoller Schwerarbeit einen rund 6 Tonnen schweren Generator, der nach Lütjensee transportiert werden soll, Peter Klüver vom dortigen Motoren-Museum Schleswig-Holstein übernimmt zudem fünf weitere Motoren und ein historisches Fahrrad mit Beiwagen von 1910. "Es ist gut und ein kleiner Trost für uns, dass diese Ausstellungsstücke somit der Nachwelt erhalten bleiben und nicht verramscht werden", sagt Walter Müller.

"Es ist unglaublich, was hier noch für Raritäten zu finden sind und wie fachmännisch sie aufbereitet wurden", meint Oldtimer-Sammler Jürgen Kudlek. "Dieses Victoria-Fahrrad mit Beiwagen ist eine wahre Kostbarkeit, heute wohl kaum noch zu finden. Es ist gut, dass sie an ein Museum geht, obwohl sie das Sammlerherz höher schlagen lässt." Die vielen Besucher, die im "Ausverkauf" in der Halle mit den Vereinsmitgliedern verhandeln, sind sich in einer Sache einig: "Stade verliert Kostbarkeiten, die in 30 Jahren zusammengetragen wurden und für Technikfreunde jeden Alters ein Besuchermagnet waren.

Wenn die Eisen-Edler-Halle demnächst leer ist, ist wohl auch der Verein Geschichte. "Nach vielen schlaflosen Nächten", sagt der stellvertretende Vereinsvorsitzende Edmund Hänel, "müssen wir uns nun damit abfinden, dass die Vereins-Cafeteria nicht mehr der beliebte Treffpunkt der Mitglieder und Freunde unseres Vereins ist."