Arbeitskreis fordert als Sofortmaßnahme, die schäbigsten Ecken bis 2013 hübscher zu machen. Ortseingang im Norden gilt als Problemzone.

Georgswerder. "Georgswerder" steht in schwarzen Buchstaben auf dem Wegweiser. Daneben zeigt ein Pfeil nach rechts zur Straße "Georgswerder Bogen". Hier verliert sich dann für den Autofahrer die Spur in den versteckten Ortsteil von Wilhelmsburg. Wie man überhaupt in die 1700-Einwohner-Siedlung gelangt, bleibt zumindest jedem Ortsfremden ein Rätsel. Ein eigenes Ortsschild existiert nicht.

Einwohner haben zusammen mit der Gesellschaft Internationale Bauausstellung (IBA) Hamburg und Stadtplanungsbüros ein Zukunftsbild entwickelt, um den Ortsteil aus dem Schattendasein zu holen und aufzuwerten. Schritt für Schritt bis zum Jahr 2025 soll das geschehen. In einem Sofortmaßnahmenkatalog fordern die im Arbeitskreis zusammengeschlossenen Bürger, bis zur Eröffnung der Internationalen Bauausstellung im nächsten Jahr die schäbigsten Ecken hübscher zu machen und besonders schöne Flecken hervorzuheben. Das Abendblatt zeigt, wo die Einwohner den eiligsten Handlungsbedarf sehen.

Der Ortseingang im Norden gilt als Problemzone. Da sind sich Einheimische und Stadtplaner einig. Ein tristes Betonmonument, die Autobahnbrücke über den Niedergeorgswerder Deich, versperrt die Sicht auf die Siedlung. Bei der Präsentation des Zukunftsbildes nannte auch Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter den Zugang zu Georgswerder ein Problem. Niemand wisse, wie man dorthin komme.

Die Unterführung wirkt alles andere als einladend. "Dunkel, wie in einem Schwarzen Loch", sagt Anja Fertig vom Arbeitskreis Georgswerder. Dabei erstreckt sich hinter dem Tunnel die Hauptstraße Georgswerders. Der Niedergeorgswerder Deich spielt eine Hauptrolle in dem Zukunftsbild, gilt als städtebauliches Rückgrat.

Die Einheimischen schlagen vor, Künstler mit der Gestaltung der Brücke zu beauftragen. Dazu müsse eine Ausschreibung für einen Wettbewerb her, sagt Uwe Hudemann. Der 69-Jährige lebt seit 1948 vor Ort. Er kann sich noch an das Kino erinnern, das am Niedergeorgswerder Deich Filme zeigte.

Graffiti-Kunst kann eine schnelle Lösung sein, das Tor zu Georgswerder einladend zu gestalten. Wie das aussehen könnte, dazu haben verschiedene Stadtplanungsbüros bereits Vorschläge gemacht. Anja Fertig favorisiert die Ansicht von Wolken am Himmel und Windrädern auf dem Beton der Autobahnbrücke, eine Idee des Hamburger Büros Spine Architects. Das Büro Raumlaborberlin hat eine knallgelbe Fassade mit Formen ins Spiel gebracht, die eine typische Brückenarchitektur auflösen.

Die Stadtplaner stören sich auch an dem tristen Grau des gewaltigen Sendemastes am Ortseingang. Künstlerisch gestaltet könne der Turm als Bezugspunkt für Georgswerder dienen. Für die Einheimischen habe die Aufhübschung des Sendemastes keine Priorität, sagt Anja Fertig: "Es gibt wichtigere Dinge."

Zum Beispiel das städtische Grundstück am Eingang zur Fiskalischen Straße, es gilt als Schandfleck. Ein Dschungel wuchert mittlerweile auf dem brachliegenden früheren Kleingartengelände. Leute haben Müll in Plastiktüten über den Bauzaun geworfen. Ausgerechnet hier müssen alle vorbei, die den Energieberg, ein IBA-Vorzeigeprojekt, mit seinem 40 Meter hohen Rundweg besuchen wollen.

Der Arbeitskreis Georgswerder schlägt vor, das Gelände möglichst schnell hinter Plakaten zu verstecken. "Mit netten Sachen", wie Anja Fertig sagt. Planen mit Motiven von der Sturmflut 1962, die in einer Ausstellung zu sehen waren, sind eine Idee dafür. Später einmal, so sieht es das Zukunftsbild vor, könnte sich auf dem städtischen Grundstück ein Forschungszentrum für regenerative Energien ansiedeln.

Die Stadt solle den Fußweg vom S-Bahnhof Veddel bis zum Energieberg mit auffallend rotem Asphalt gestalten, sagt Uwe Hudemann. Dieser Weg solle einladend wirken wie ein roter Teppich. Der Energieberg, sagt er, sei ein Aushängeschild für Georgswerder.

Das gilt auch für die grüne Achse entlang der Dove-Elbe. Hier, mit den bunten Häusern und Bootsstegen, wirkt Georgswerder wie ein Ferienort. Nirgendwo in Hamburg wohnt man so ländlich in der Nähe der City. Die Einheimischen fordern, den Weg entlang des Ufers so zu sanieren, dass er sich nicht nach Regen sofort in Matsch auflöst. Papierkörbe und Bänke sollten dort aufgestellt werden. Eine Lichtung entlang der Dove-Elbe solle die Stadt als eingezäunte Hundewiese ausweisen. Ein Grillplatz könnte dort entstehen.

Möglicherweise, so die Idee, wäre dieser Platz für die Ansiedlung eines privaten Bootsverleihers geeignet. Der Platz sollte ein Treffpunkt sein. "Wichtig ist, dass für Kinder etwas gemacht wird", sagt Anja Fertig. Die Lichtung an der Dove-Elbe war in die Schlagzeilen geraten, als sich dort die Zomia-Bauwagengruppe niederließ und die Hamburger Politik beschäftigte.

An den Ziegeleiteichen am Fuße des Energieberges fischen Kormorane. Füchse trauen sich von dort bis in die Siedlung vor, erzählt Anja Fertig. Der Arbeitskreis Georgswerder schlägt vor, dass die Stadt die wertvolle Naturfläche begrenzt zugänglich macht. Ein Steg ins Wasser könnte Schülern als grünes Klassenzimmer dienen, um Vögel zu beobachten.

Als überlebenswichtig für den Ortsteil gilt ein Bevölkerungswachstum mit solventen Neubürgern. Der Arbeitskreis Georgswerder fordert, den Bebauungsplan 81 mit 125 vorgesehenen Doppel- und Reihenhäusern endlich umzusetzen. Die Stadt solle das Gebiet vermarkten, um den Zuzug steuern zu können, sagt Uwe Hudemann. 19 Bombenverdachtsflächen in dem geplanten Baugebiet haben die Erschließung bis heute verzögert.

SPD und FDP werden am Donnerstag, 22. November, in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte beantragen, den Plan des Zukunftsbildes Georgswerder 2015 umzusetzen und weiter zu entwickeln.