Das Hamburger Abendblatt und der ADAC Hansa testen Park-and-ride-Anlagen der Region. Heute: der Bahnhof Hittfeld. Gesamtnote “mangelhaft“.

Hittfeld. Wenn Stefan Krüger (Name geändert) aus der Siedlung Emmelndorf auf das Thema Pendler zu sprechen kommt, ist er mächtig auf Zinne. Der Emmelndorfer wohnt am Winkelweg, an der Westseite des Bahnhofs Hittfeld. Östlich der Gleise liegt der Park-and-ride-Platz an der Gustav-Becker-Straße. Den nutzen vor allem Pendler, die nach Harburg oder in die Hamburger Innenstadt fahren. Doch obwohl die Gemeinde Seevetal dort einen Grünstreifen asphaltieren ließ und die Stellplatzanzahl von rund 100 auf 130 erweiterte, reicht das Angebot bei weitem nicht aus. Deswegen parken viele Autos an der Straße Am Bahnhof und auf der anderen Seite - bei Stefan Krüger am Winkelweg.

"Dieser silberfarbene Opel Zafira steht jetzt seit einer Woche gegenüber meiner Haustür, das ärgert mich mächtig", moniert der Emmelndorfer. Häufig parken die Pendler direkt vor seinem Haus. Dann greift Stefan Krüger bisweilen in die - nicht legale - Trickkiste: Er parkt den Pendler mit seinem Motorrad und seinem Auto zu. So löst man das Parkplatzproblem in der Siedlung Emmelndorf.

Christian Schäfer, 44, Leiter der Abteilung Technik und Verkehr des ADAC Hansa, inspiziert an diesem Tag den P+R-Platz am Bahnhof Hittfeld und dessen Umfeld. Er wird der Parkanlage am Ende des Testtages die wenig schmeichelhafte Note 5 - "mangelhaft" - geben. Sein Befund: "Hier reicht das Angebot vorn und hinten nicht. Wir sehen unglückliche Autofahrer und unglückliche Anwohner. Das kann nicht die Lösung sein."

Ein unglücklicher Anwohner am Winkelweg ist auch Christian Schindler, 43. Er hat sich gerade einen neuen Mazda CX 5 in Azurblaumetallic gekauft. Wenn er sein Grundstück mit seinem Stadtgeländewagen verlassen will, kommt er nur rückwärts aus der Einfahrt heraus, weil auf der anderen Straßenseite werktags ab 7 Uhr ein silberfarbenes Mercedes-Coupé parkt. "Ich habe links und rechts nur fünf Zentimeter Platz und zum Mercedes einen Zentimeter", sagt Christian Schindler. "Vor kurzem habe ich mir eine fette Schramme in mein neues Auto gefahren."

Der Experte des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) hört sich an diesem Tag nicht nur den Frust pendlergeplagter Anwohner in Emmelndorf an, er testet auch akribisch den Park-and-ride-Platz am Bahnhof Hittfeld. Sein Fragenkatalog ist lang: Wie ausgelastet ist die Anlage? Wie sicher ist sie? Wie steht es um die Videoüberwachung und die Beleuchtung? Ist der Parkplatz geeignet für Rollstuhlfahrer? Und wie steht es mit dem Service rund um den Bahnhof?

Das alte Bahnhofsgebäude, Baujahr 1871, und die historischen Überbleibsel wie eine alte britische Telefonzelle und vier Signalanlagen mit zwei Andreaskreuzen gefallen Christian Schäfer. "Dieses Bauwerk ist schöner als die reinen Funktionsbauten in Stelle und Maschen. Hier fängt man gern eine kleine Reise an."

Als eingefleischter Autofahrer wirft der ADAC-Tester erst einmal einen Blick über die Parkplätze an der Gustav-Becker-Straße. Die Autos stehen bis zur Bürgermeister-Reichel-Straße, auf beiden Seiten in unterschiedlicher Fahrtrichtung. Auf den Parkplätzen haben drei Fahrer die Markierungen übersehen und parken jetzt auf jeweils zwei Stellplätzen. So gehen zwei Plätze verloren. Der ADAC-Mann ist unzufrieden: "Am Bahnhof Hittfeld scheint der Zeitdruck bei den Pendlern morgens immens zu sein und man parkt häufig in Wild-West-Manier."

Christian Schäfer inspiziert den Fahrradparkplatz - an diesem Ferientag ist noch genug Platz für Zweiräder. Behindertenparkplätze gibt es dagegen nicht und auch keinen Aufzug zum Bahnsteig für Menschen, die schlecht gehen können. "Das gibt eine klare Abwertung", sagt der Prüfer. Dann geht er in den Bahnhof. Musik ertönt aus Lautsprechern: "Spiel mir das Lied vom Tod", die weltberühmte Filmmusik von Ennio Morricone. Christian Schäfer ist irritiert: "Dieser Musiktitel passt nicht in einen Bahnhof und schon gar nicht zu den schönen, bunten Bildern von Kindern und Jugendlichen, die an den Wänden hängen." Ein Wandbild hat es Christian Schäfer besonders angetan: Es zeigt eine Lokomotive, einen Bus und ein Auto. Darüber steht: "Um von A nach B zu kommen, gibt es verschiedene Möglichkeiten." Das passe zum Thema Pendeln und Mobilität, sagt der ADAC-Tester, es fehlten nur noch ein Fahrrad, ein Fußgänger und ein Elektromobil.

In der Seitenstraße Alter Söhn, östlich des Bahnhofs, findet der Prüfer dann noch eine Emmelndorfer Variante zivilen Widerstands gegen wilde Pendlerparker. Reihenhausanwohner haben sich vor ihren Häusern die Bürgersteige absenken lassen und Autopforten gebaut, obwohl auf ihren Grundstücken gar kein Platz für das eigene Auto ist. "Diese Widerständler haben gut und gern 3000 Euro für ihre Ausfahrtattrappen bezahlt", analysiert der ADAC-Experte. "Der Unmut scheint hier groß zu sein."

Für die Gemeinde Seevetal, mit 42 000 Einwohnern die einwohnerstärkste Gemeinde Deutschlands, findet Christian Schäfer denn auch klare Worte: "Seevetal sollte wie Buchholz am Bahnhof Hittfeld ein Parkhaus bauen. Nur wer die Reise morgens ohne Stress am Bahnhof startet, wird gern mit dem Zug in die Großstadt pendeln."