500.000ste Besucherin im Museum ist Kathrin Vermöhlen aus Jülich. Zu bestaunen gibt es dort die bewegenden Schicksale der Auswanderer.

Veddel. "Mein Feld ist die Welt." Mit diesem Leitspruch des Generaldirektors der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (HAPAG) wurden ab 1901 die Menschen aus Ost- und Mitteleuropa im Empfangsgebäude der HAPAG auf der Veddel begrüßt, die in die Neue Welt auswandern wollten. Heute hängt ein sehr eindrucksvolles Foto von 1910 im Auswanderermuseum BallinStadt. Auf dem Foto sind Männer und Frauen zu sehen, die sich von Hamburger Beamten registrieren lassen. Die Herren tragen dunkle Anzüge, schwarz und grau. Alle Männer tragen Hüte oder Mützen. Die verheirateten Frauen tragen Kopfbedeckung, die ledigen keine.

Heute tragen die Älteren kaum noch etwas auf dem Kopf, wenn es nicht kalt ist. Nur viele Jüngere setzen Schirmmützen auf, nicht wenige mit dem Logo des Baseball-Teams der New York Yankees aus der Bronx. 5,8 Millionen Menschen wanderten zwischen 1850 und 1934 über Hamburg in die Neue Welt aus - in den Auswandererhallen machten über eine Million Menschen Zwischenstopp. Ein Großteil dieser Menschen setzte auf Ellis Island im Hudson River bei New York hoffnungsvoll den ersten Fuß auf den amerikanischen Kontinent.

Die Chemikerin Kathrin Vermöhlen, 42, und der Projektleiter für Flughafenlogistik Wolfgang Vermöhlen, 46, sind schon beruflich in die Vereinigten Staaten geflogen. Das Ehepaar lebt in der 33.000-Einwohner-Stadt Jülich in Nordrhein-Westfalen. Am Donnerstagvormittag besuchten die Vermöhlens mit ihren Kindern Friederike, 12, Richard, 10, und Carla, 7, das Auswanderermuseum BallinStadt. Es war ein ganz besonderer Besuch: Frau Vermöhlen war die 500.000ste Besucherin im Museum. Geschäftsführer Volker Reimers überraschte die Chemikerin und ihre Familie mit einem Blumenstrauß, einer Familien-Jahreskarte und einem Museumsführer. Mit der Maritimen Circle Line waren die Jülicher zur BallinStadt geschippert - sie bekamen freien Eintritt und die Kinder die "Jette" - das Rattenmaskottchen der BallinStadt. "Ein Kollege hat mir diese Ausstellung empfohlen", sagt Kathrin Vermöhlen.

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In den Auswandererhallen gab es Schlaf- und Tagesräume, ein "Lazareth", einen Stall, Bäder und "Desinfection", Speisesäle für Juden und für Christen, eine evangelische und eine katholische Kirche und eine Synagoge. "Bis zu 5000 Menschen gleichzeitig konnten in den 30 Gebäuden untergebracht werden", sagt Geschäftsführer Volker Reimers. Das "größte Gasthaus der Welt" gewann auf der Weltausstellung 1904 die goldene Medaille.

Reges Interesse bei den Besuchern der BallinStadt ruft das mit ancestry.de eingerichtete Familienforschungszentrum hervor. Wer mehr über die Emigrationsgeschichte der eigenen Familie herausfinden möchte, kann hier kostenlos in dem weltweit führenden Netzwerk genealogischer Datenbestände von ancestry recherchieren. Dort stehen auch die Hamburger Passagierlisten der Schiffe von 1850 bis 1934 zur Verfügung, die in jahrelanger Arbeit vom Staatsarchiv Hamburg digitalisiert und indexiert wurden. Geschulte Mitarbeiter stehen den Besuchern zur Seite. Wenn die Recherche erfolgreich war, können die Besucher sich am Ende einen Stammbaum ausdrucken lassen.

"Wir wollen das Thema Auswanderung nicht nur anhand historischer Fakten beleuchten, sondern als etwas Fortlaufendes und Vielschichtiges, in dem sich jeder Mensch wieder findet", sagt Volker Reimers, Geschäftsführer der BallinStadt. Im Mittelpunkt der Hauptausstellung stehen die Geschichten der etwa fünf Millionen europäischen Emigranten, in deren Hoffnungen, Träumen und Wünschen sich die Besucher wiederfinden können.

Die Besucher begegnen den Schicksalen der Auswanderer auf Augenhöhe. "Das Zusammenspiel aus interaktiven Ausstellungselementen und historischen Exponaten lässt niemanden unberührt", sagt Volker Reimers.

Authentische Briefe und Fotos aus Familienalben eröffnen eine sehr persönliche Sicht auf die historischen Ereignisse. Einigen historischen Fotografien wurde als "Living Pictures" neues Leben eingehaucht. Sprechende Puppen, deren von Schauspielern des Hamburger Schauspielhauses gesprochene Biografien sich auf historisch belegte Lebenswege stützen, erzählen den Besuchern von "ihrer" Auswanderung. Und an Albert Ballins Schreibtisch ist des "Kaisers Reeder" zum Greifen nah.

Kinder erforschen die Geschichte auf eigenen Wegen: Kinderpuppen erzählen ihre Erlebnisse, Durchgänge und Knöpfe sind auf Augenhöhe der Kinder angebracht, in einem Tunnel auf einem Schiff finden Kinder Informationen zur Überfahrt. "Eine halbe Million Besucher in fünf Jahren", analysiert Volker Reimers, "das ist doch nicht schlecht."