Kreisbrandmeister über die Altersgrenze und die Zukunft des kommunalen Feuerschutzes. Schon für Routineeinsätze fehlen Leute.

Winsen. Die Neuregelung des Niedersächsischen Brandschutzgesetzes sorgt für Kontroversen im Land. Während sich der kleine Regierungspartner FDP dafür stark macht, die Altersgrenze für Feuerwehrleute auf 67 anzuheben, sieht der Gesetzentwurf ein Ausscheiden aus dem aktiven Dienst wie bisher ab 62 Jahren vor. Die CDU habe noch keine einheitliche Position zur Altersgrenze gefunden, schreibt der CDU-Landtagsabgeordnete Heiner Schönecke aus Elstorf in seinem aktuellen Newsletter.

Für Kreisbrandmeister Dieter Reymers geht diese Diskussion am Hauptproblem der 108 Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis Harburg vorbei. "Wir haben für die Routineeinsätze am Tage zu wenig Leute. Und uns fehlen Atemschutzträger", sagt der 56-Jährige im Gespräch mit dem Abendblatt.

Deutlich mehr Kunststoff als früher in Autos und Gebäuden hat die Ansprüche an die Brandbekämpfung verändert. Bei kaum einem Einsatz komme die Feuerwehr noch ohne Atemschutz aus. Das Tragen eines solchen Gerätes bedeute Stress pur, sagt Reymers. Die wenigsten der über 62-Jährigen seien deshalb noch in der Lage, unter Atemschutz einen Einsatz zu leisten.

Nur etwa fünf Prozent aller Feuerwehrleute im Landkreis Harburg halten bis zum 62. Lebensjahr im aktiven Dienst durch. Das ist ein Indiz dafür, dass eine großzügigere Altersgrenzenregelung das erwartete Personalproblem der Feuerwehr nicht lösen kann.

Die Diskussion um die Altergrenze führt die Feuerwehr in Niedersachsen seit Jahren. Die Mehrheit, so glaubt Dieter Reymers, würde sich derzeit noch dagegen entscheiden. Der Kreisbrandmeister selbst plädiert für eine flexible Lösung: Die Dienstzeit ende wie bisher mit 62 Jahren. Wer dann noch weitermachen wolle und eine ärztliche Untersuchung bestehe, solle bis zum 67. Lebensjahr im aktiven Feuerwehrdienst bleiben dürfen.

Die Zukunft der Feuerwehr im Landkreis Harburg zeigt sich schon heute auf der anderen Seite der Elbe in Schleswig-Holstein: Die Stadt Elmshorn ergänzt ihre Freiwillige Feuerwehr mit sechs hauptamtlichen Brandschützern. Vor kurzem erst hat sie die Anzahl ihrer Berufsfeuerwehrleute von drei auf sechs erhöht. Sie bilden eine Tagesbereitschaft für Routineeinsätze.

Hintergrund: Für die großen Einsätze finden sich zwar immer genügend freiwillige Helfer. Das Problem ist der Kleinkram, brennende Papiercontainer oder das Abpumpen von mit Wasser vollgelaufenen Kellern. Die Anzahl dieser Einsätze hat stark zugenommen und es wird immer schwieriger, dafür freiwillige Feuerwehrleute zu rekrutieren.

Im Landkreis Harburg ist das Bild ähnlich. Dieter Reymers kennt das Problem. "Wir haben am Tage zu wenig Freiwillige", sagt er. Viele Feuerwehrleute aus dem Landkreis Harburg arbeiteten tagsüber in Hamburg. Ihnen sei es nicht zuzumuten, für das bloße Abstreuen der Ölspur nach einem Verkehrsunfall den Arbeitsplatz zu verlassen. Doch gerade die Anzahl dieser Bagatelleinsätze steige auch im Landkreis Harburg stark an. Den Brandschutz hier sichern heute noch ausschließlich Freiwillige Feuerwehren.

Bei Großbränden gelingt es der Feuerwehr zwar, genügend Personal zu rekrutieren. "Wir müssen dazu aber auf immer mehr Feuerwehren zurückgreifen als früher", sagt der Kreisbrandmeister. Zehn Feuerwehren hätten normalerweise gelangt, um den Brand eines Reetdachhauses Anfang Dezember in Maschen zu bekämpfen. "Wir mussten 17 alarmieren."

Reymers ist davon überzeugt: In Zukunft komme auch der Landkreis Harburg an einer hauptamtlichen Wachbereitschaft für die Tageseinsätze wie im Kreis Pinneberg nicht herum. Er geht davon aus, dass in voraussichtlich 20 Jahren die Städte Buchholz und Winsen Berufsfeuerwehrleute zur Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehren beschäftigen werden.

Zurzeit noch gilt die Personaldecke der Feuerwehren im Landkreis Harburg als gut: 4597 aktive Feuerwehrleute sind im Dienst, davon sind etwa 460 Frauen. 1484 sind älter als 62 Jahre und gehören somit der Altersabteilung an. Die Jugendfeuerwehren haben 1454 Mitglieder.

Als Faustregel gilt: Ein einziger Berufsfeuerwehrmann kostet so viel wie eine komplette Freiwillige Feuerwehr. Deshalb werden die Städte und Gemeinden an den Freiwilligen Feuerwehren festhalten. Diesen fällt es aber zunehmend schwer, die Positionen von Führungskräften zu besetzen.

Das Ehrenamt kostet zu viel Zeit. Das neue niedersächsische Brandschutzgesetz sieht deshalb vor, dass Kommunen anders als bisher hauptberufliche Führungskräfte einstellen dürfen. Diese Option ist nachrangig zum Ehrenamt. Dieter Reymers hält diese Neuregelung für sinnvoll. Der Unternehmer leistet neben seinem Beruf etwa 25 Stunden in der Woche für sein Ehrenamt als Kreisbrandmeister.

Städte und Gemeinden im Landkreis Harburg haben eine Vereinbarung geschlossen, das Ehrenamt in der Freiwilligen Feuerwehr zu fördern. Eine Initiative, die auf Dieter Reymers zurückgeht.

Ideen, wie das aussehen könnte, gibt es viele: Kommunen könnten einem Ortsbrandmeister einen Kindergartenplatz kostenlos stellen, um der Führungskraft das Ehrenamt schmackhaft zu machen. Ein Ausweis, der alle Freiwilligen zu kostenlosem Parken in der Innenstadt berechtigen würde, wäre ein anderes Zeichen der Anerkennung. Bislang gibt es solche Fälle im Landkreis Harburg noch nicht. "Die Vergünstigungen", sagt Dieter Reymers, "dürfen natürlich auch nicht grenzenlos sein."