Gerd Benthack vom Hof Freschenhausen lehnt den Bau der Erdgasleitung über seine Felder ab

Maschen. Zu fünft saßen die Herren auf seinem Sofa und gaben ihm ihre Visitenkarten. "Die dachten wohl, dass sie mich einschüchtern würden", erzählt Gerd Benthack, 86. Sie haben ihm einen "Gestattungsvertrag" vorgelegt. Den sollte er unterschreiben. Die Manager kamen von E.on Ruhrgas. Das Unternehmen baut die Norddeutsche Erdgasleitung (NEL). Durch sie wird Erdgas von Russland bis nach England transportiert. Ihre Trasse soll auch quer durch den Landkreis Harburg führen und auf rund 1800 Meter quer durch Benthacks Land, das zum Hof Freschenhausen gehört und seit 1572 in Familienbesitz ist. Weil die Benthacks keine Nachkommen haben, wird einmal der Verein Naturschutzpark (VNP) den denkmalgeschützten Hof und die rund 220 Hektar überwiegend Waldfläche im Landschaftsschutzgebiet bekommen. Das sei schon in trockenen Tüchern, sagt Gerd Benthack.

Außerdem will E.on Ruhrgas ein 720 Quadratmeter großes Grundstück auf Benthacks Land haben, um eine Sperrstation für die Gasleitung einrichten zu können. Diese Sperrstationen ermöglichen einen Zugang zu der Leitung, um sie zu warten oder Reparaturen durchzuführen. Rund 1700 Euro soll der Hofbesitzer dafür bekommen. "Ich will das Geld nicht, ich will auch diese Erdgasleitung nicht mitten durch mein Land", sagt Benthack. Den "Gestattungsvertrag" hat er mit dem handschriftlichen Vermerk "Abgelehnt" abgeheftet. "Mich ärgert es, wie die Herrschaften hier auftreten. Die können mir keine Angst einjagen. Ich werde meinen Hof verteidigen, der soll nicht weiter zerschnitten werden. Ich habe meine Einwendungen abgegeben und war vor einer Woche in Rotenburg beim Erörterungstermin, um seine Argumente gegen die Leitung vorzutragen", sagt Hofbesitzer Benthack.

Der Mann hat Erfahrung mit Managern. 1972 hat die Deutsche Bahn mit ihren Gleisen sein Land durchschnitten für den Güterverkehr zwischen Stelle und Maschen. Damals haben die Benthacks schalldichte Fenster in ihr denkmalgeschütztes Haus einbauen lassen müssen. Die Castortransporte fahren durch Freschenhausen. Zehn Hektar musste Gerd Benthack für die Bahnlinie hergeben. Außerdem durchschneiden zwei alte Gasleitung seinen Grundbesitz, eine wurde im Jahr 1966 verlegt, die zweite vor rund 20 Jahren. Die jetzt geplante neue Gasleitung, die Rohre haben einen Durchmesse von 1,40 Meter, durch die das Erdgas mit einem Druck von 100 Bar gefördert wird, soll von Stelle her in Richtung Horst, größtenteils parallel zur Bahnlinie verlaufen. Benthack: "Das birgt ein immenses Gefahrenpotenzial, zumal die neue Leitung im Westen an einer Stelle die alten Leitungen kreuzen wird. Wenn da was passiert, fliegen wir hier alle in die Luft."

Hof Freschenhausen lebt seit Jahrhunderten von Ackerbau und von der Forstwirtschaft. Enorme Waldflächen hat Gerd Benthack bereits durch die Bahnlinie und die beiden alten Gasleitungen verloren. Die neue Gastleitung würde seine wertvollsten Ackerflächen und die gerade mit Laubwald aufgeforsteten Wälder durchschneiden. Getreide könnte Benthack über der neuen Leitung zwar wieder anpflanzen, aber keinen Wald. Die Baumwurzeln könnten der Gasleitung Schaden zufügen. Mit jeder neuen Leitung würde das Ensemble Freschenhausen weiter zerstückelt werden, und genau dagegen wehrt sich der 86 Jahre alte Mann. Und ihn ärgert das Auftreten "der Leute von E.on Ruhrgas. Bisher haben sie zwar noch nicht mit Zwangsenteignung gedroht, aber das sollen sie mal versuchen. Dann ist für mich hier jedenfalls jedes Gespräch beendet".

Während des Planfeststellungsverfahren haben er, wie auch der Waldbesitzerverband, das Landvolk im Landkreis Harburg und die Gemeinde Seevetal, zu der der Hof Freschenhausen gehört, die Einwände gegen die "NEL" abgegeben. Benthack: "Die Leute von E.on wollen nicht nur das Betretungsrecht für die Trasse, sie wollen zusätzlich die ganzen Flurstücke betreten können und meine Privatwege nutzen." Und Gerd Benthack sieht nicht ein, warum er jetzt für die neue Trasse "den gerade aufgeforsteten jungen Wald wieder abhacken soll". 126 Hektar Wald und eine Eigenjagd, auch sie würde erheblich durch das Verlegen der neuen Gasleitung gestört werden, besitzt Gerd Benthack. Die neue Leitung würde einen Abstand von zehn Metern zu den beiden alten Leitungen halten, aus Sicherheitsgründen.

"Viele Landwirte schlucken die Kröte, dass ihnen eine Erdgasleitung mitten durch den Acker gelegt wird, auch weil es den Landwirten im Moment finanziell nicht gerade gut geht. E.on kauft ihnen die Trasse ab. Aber ich will das Geld nicht, ich will mein Land behalten, das später der VNP bekommen und bewirtschaften soll.", sagt Gerd Benthack, der stolz auf sein Land, stolz auf den Familienbesitz und stolz darauf ist, dass seine Wälder und Äcker eine große Fläche bilden, also arrondiert sind.

Angst habe er vor den Herren Managern in ihren eleganten Anzügen nicht, sagt der alte Mann, der mit seinen fast 87 Jahren noch jeden Tag an der frischen Luft in seinen Wäldern und auf seinen Äckern unterwegs ist. Seit ihrem letzten Besuch seien sie auch noch nicht wieder aufgetaucht.