Die NPD-Kundgebung am Ostersonnabend in Buchholz hat gezeigt: die rechtsextreme Szene ist im Landkreis Harburg aktiv. Wie eine Politikerin der Partei Die Linke jetzt belegt, spinnt sich auch das Netz der ideologisch und rhetorisch geschulten Vordenker bis ins Hamburger Umland.

Ramelsloh. Konkret steht der Ramelsloher Landschaftsarchitekt Wolfram Schiedewitz im Verdacht, verfassungsfeindliche und rechtsextremistische Beziehungen zu unterhalten.

Schiedewitz ist seit 2003 Vorsitzender des vom Verfassungsschutz beobachteten "Verein Gedächtnisstätte", der auf einem Areal im sächsischen Borna "ein würdiges Gedenken" für die zivilen, angeblich vergessenen Opfer in Deutschland anstrebt. "Ohne Zugeständnisse gegenüber politischer Korrektheit und Büßertum", wie Schiedewitz selbst in einem Gespräch mit der NPD-nahen Zeitschrift "Hier & Jetzt" sagte. Besonders dieses Interview gebe Anlass, das Engagement des Ramelsloher Landschaftsarchitekten genauer zu betrachten. In dem Gespräch nennt Schiedewitz die Bundesrepublik eine "Meinungsdiktatur", Kritiker werden despektierlich als "Lemuren" oder "Diffamierungs-Linke" bezeichnet. Auf Abendblatt-Anfrage sagt der Ramelsloher: "Ich kenne das Blatt gar nicht." Er habe einen allgemeinen Fragenkatalog beantwortet.

Im Gespräch sagt Schiedewitz, dass der Verein "keine NPD-Vorfeldorganisation" sei, "niemand" ausgegrenzt werde. Er räumt aber ein, dass sich mit dem Verein und seiner Gedenkstätte für "die eigenen Opfer" weltanschaulich rechts orientierte Menschen mehr identifizieren, dennoch seien NPD-Parteigänger und "Die Linke" gleichermaßen willkommen. Allerdings fühlen sich die Ausstellungen auf dem Gelände "ausschließlich den eigenen Toten" verpflichtet, wie Schiedewitz in dem Interview ausführt.

Derartige Expositionen wurden in den vergangenen Jahren verwirklicht, im Jahr 2009 wechselte das Areal dann aber samt Gebäuden den Besitzer. Dort soll jetzt ein Alten- und Pflegeheim entstehen.

Nichtsdestotrotz agiert der als gemeinnützig anerkannte Verein, dem laut Satzung nur Personen "alleiniger deutscher Staatsangehörigkeit" beitreten können, noch immer. Und dass der Verein mit Verfassungsfeinden verflochten war, zeigt die sächsische Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz (Die Linke) in ihrem Buch "Und morgen? Extreme Rechte in Sachsen" auf. Demnach stand dem 1992 gegründeten Verein Gedächtnisstätte bis zum Jahr 2003 Ursula Haverbeck-Wetzel vor. Jene Frau, die auch den rechtsextremistischen Verein "Collegium Humanum" in Vlotho leitete. Das "Collegium Humanum", genau wie der Verein "Bauernhilfe", wurde kürzlich wegen Verherrlichung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verbotenen. Laut dem aktuellen Vereinsvorsitzenden Schiedewitz, dem Kenner der Szene frühere direkte Verbindungen zum "Collegium Humanum" unterstellen, wurde die Personalie Haverbeck-Wetzel "nicht mit dem anderen verquickt."

Für die Linken-Politikerin Köditz ist diese Verflechtung indes ein deutliches Zeichen, dass es sich bei dem Verein Gedächtnisstätte um eine Ausweichorganisation für die beiden verbotenen Vereine handele. Bis zum Verkauf hätten sich auf dem Areal südlich von Leipzig regelmäßig prominente NPD-Parteimitglieder und Hintermänner der rechtsextremen Szene getroffen. Der Verdacht, der Vereinsvorsitzende Schiedewitz hänge dem Rechtsextremismus und der Verfassungsfeindlichkeit an, liege demnach nahe. Er gebe Nationalisten eine Plattform. Schiedewitz sagt dazu: "Ja, NPD-Mitglieder haben dort gefeiert, aber wir vom Verein hatten damit nichts zu tun. Uns gehörte die Fläche nicht, wir waren Teilnutzer." Er sehe sich durch die Recherchen der Linken-Politikerin ins falsche Licht gerückt.

Über das bundesweite Netzwerk der Neonazis und die wirtschaftlichen Zusammenhänge rechter Strukturen wollen Kerstin Köditz, ihr Mitarbeiter Volkmar Wölk und der Bundestagsabgeordnete Herbert Schui heute in Buchholz informieren. Der Diskussions- und Vortragsabend beginnt um 19.30 Uhr in der Gaststätte "Deutsches Haus" in der Kirchenstraße 15.