Krisenlösung: Bürger können sich auf höhere Kita-Gebühren und Steuern einstellen. Die Stadtwerke werden ebenfalls geschröpft.

Winsen. "Schmerzhaft", sagte Kämmerer Matthias Parchatka. "Voller Grausamkeiten", schätzte Bürgermeisterin Angelika Bode (parteilos) ein. Die Haushaltslage der Stadt Winsen erfordert rigorose Maßnahmen.

Und nun ließ die Verwaltung die Katze aus dem Sack: Für viele Winsener könnte das nächste Jahr teurer werden. Denn: Das städtische Defizit von aktuell 3,2 Millionen Euro dürfte sich in absehbarer Zeit ganz konkret auf die Geldbeutel der Kreisstädter niederschlagen. Im Finanzausschuss präsentierte die Verwaltung ihre Vorschläge, um Mehreinnahmen zu produzieren. Demnach wird versucht, mit Grundstücksverkäufen, höheren Steuerhebesätzen und steigenden Kita-Gebühren die Finanzsituation der Stadt zu verbessern.

Diese Vorschläge werden nun von der Politik diskutiert. Die Fraktionen müssen sich überlegen, welche Mehrbelastungen sie für vertretbar halten. Denn eines, so Kämmerer Matthias Parchatka, sei klar: "Bei einem Minus von 3,2 Millionen Euro im nächsten Jahr, 2,8 Millionen im Jahr 2011 und 1,25 Millionen im Jahr darauf kann sich die Stadt nicht mehr wegducken!" Ein neuer Schuldenberg von dann 7,25 Millionen Euro sei nicht abzubauen.

"Ich muss Ihnen schmerzhafte Dinge vorschlagen", sagte Parchatka. Im Vereins- und Kulturbereich könne nicht weiter gestrichen werden. Auch am Stellenplan der Stadt sei kaum etwas zu drehen, der sei eng gestrickt. "Wir produzieren nur 45 Prozent der Kosten einer Durchschnittsverwaltung im Land", sagte der Kämmerer. Das zeige, wie effizient (und knapp) die Verwaltung aufgestellt sei.

Insofern sei nur logisch, dass die Stadt mittelfristig ihre Zahlungsfähigkeit anderweitig verbessere. Das soll zum einen durch Grundstücksverkäufe geschehen. Zur Diskussion stehen der Busparkplatz des Landesgartenschaugeländes (840 000 Euro), Bauland an der Zufahrtsstraße zum Borsteler Grund (1,4 Millionen Euro) und Grundstücke am Baugebiet "Winsener Wiesen Süd" (eine Million Euro). Darüber hinaus sollen die Fraktionen entscheiden, ob sie Kita-, Krippen- und Hortgebühren sowie die Steuerhebesätze erhöhen wollen. Gegenwärtig sind genannte Posten im Landesvergleich unterdurchschnittlich.

Die Hebesätze würden bei einer Anpassung auf Landesniveau rund 1,2 Millionen Euro mehr als bisher in die Kassen spülen. Gewerbesteuer sowie die Grundsteuer A und B würden jeweils um rund 40 Prozentpunkte steigen - empfindliche Einbußen für alle Steuerzahler, die sich noch über Erleichterungen auf Bundesebene freuen. Aber: In einem Schreiben des Landkreises an die Stadt heißt es sinngemäß, dass dieser Schritt geradezu erwartet wird, wenn der Haushalt genehmigt werden soll.

Für die 1754 Kinderbetreuungsplätze der Stadt sind ebenfalls erhöhte Gebühren vorgeschlagen. Eltern von Hort-, Kita- und Krippenkindern dürften demnach mehr zur Kasse gebeten werden als bisher. "Wir haben im Krippenbereich eine Kostendeckung von 14 bis 18 Prozent - das ist zu wenig", sagte Bürgermeisterin Angelika Bode (parteilos). Daran werde auch deutlich, dass Winsen ein strukturelles Problem habe. Denn das Minus werde durch laufende Kosten kreiert: Personal, Kinderbetreuung und zwölf Millionen Euro, die die Stadt an den Kreis zahlt, seien die großen Posten. Jedes Jahr aufs Neue. Hinzu komme, so Bode, dass bundespolitisch Entscheidungen getroffen werden (Steuersenkung, Krippenbetreuung, Wachstumsbeschleunigungsgesetz), deren Kosten auf die Kassen von Kommunen wie Winsen drücken.

Das alles stimmte die Finanzausschussmitglieder nicht froh, doch der Großteil sah die Notwendigkeit der Einschnitte, will in den Fraktionen in Klausur gehen. Thorsten Perl (SPD) fasste zusammen: "Die Stellschrauben wurden uns aufgezeigt. Nun müssen wir sehen, an welchen wir drehen. Damit wir mental nicht so viel kaputtmachen, wäre eine Mischvariante vorstellbar Viele Modelle sind möglich." André Bock (CDU): "Kitagebühren und Hebesätze sofort zu erhöhen, ist verkehrt. Aber gar nichts zu machen, ist auch falsch. Gewinnbringende Baulandentwicklung ist mittelfristig zu realisieren. Doch wir müssen uns Gedanken machen, was wir kurzfristig realisieren können."

Bernd Meyer (Grüne): "Es kann nur ein Mix aus allen Bereichen sein. Aber wenn uns der Landkreis droht, die Hebesätze anzupassen, haben wir wohl auf dem Gebiet keine Wahl." Der Ausschussvorsitzende Tobias Müller (Freie Winsener) sagte mit Blick auf den verstummten Liberalen Fraktionschef Erich Lubina: "Die FDP als Steuersenkungspartei macht auf Bundesebene Zugeständnisse, die nun in die Kommunen durchfiltern. Ebenso ist es mit der Kinderbetreuung von Frau von der Leyen, die die Kommunen schultern müssen." Er würde sich wünschen, das Ortsverbände diese Probleme auf Bundesebene transportieren.

Ein erster gewinnbringender Beschluss wurde während des Finanzausschusses gefasst. Auf Antrag der Grünen wird die Gewinnabführung der Stadtwerke an die Stadt von 500 000 Euro auf eine Million Euro erhöht.