Eine Museumspädagogin zeigt nachmittags Kindern der Ganztagsschule, was früher im Winter Leckeres gekocht wurde.

Brackel/Ehestorf. "Ich weiß gar nicht, wie man den essen soll!" Ein wenig ratlos blickt der kleine Fiete auf den Bratapfel vor ihm. "Mit dem Löffel schlachten", rät die Museumspädagogin Ulrike Mayer-Küster. 15 Jungen und Mädchen aus der ersten und zweiten Klasse der Grundschule Brackel haben am Nachmittag eine besondere Unterrichtsstunde: "Omas und Opas Winterleckereien" stehen auf dem Stundenplan. Sie lernen mit Mandeln und Marzipan gefüllte Bratäpfel zuzubereiten - und eben auch zu verspeisen. Das ganze ist ein Pilotprojekt zwischen der Grundschule Brackel und dem Freilichtmuseum am Kiekeberg als Partner für die Ganztagsschule. Seit dem Sommer ist die Grundschule Brackel Ganztagschule und bietet an vier Tagen in der Woche bis 15.45 Uhr Hausaufgabenhilfe und Projektunterricht an. Mehr als 120 Kinder von insgesamt 257 Schülern bleiben bis in den Nachmittag. Nach dem Mittagessen beschäftigen sie sich mit HipHop-Tanz, Gitarrenunterricht oder Rollenspielen zur Gewaltprävention.

Brackels Schulleiterin Liselotte Schelm hat für diesen Herbst das Freilichtmuseum am Kiekeberg als Partner für den Ganztagsschulbetrieb gewonnen - bisher als einzige Schule. Zunächst beschränkt sich das Pilotprojekt auf insgesamt acht Tage im Schulhalbjahr. 28 Jungen und Mädchen im Alter von sechs bis zehn Jahren haben das Fach "Museum" gewählt. Mal kommt die Museumspädagogin an die Schule in Brackel, mal besuchen die Kinder den "Kiekeberg" in Ehestorf.

Grundschule und Museum wollen ihre regelmäßige Zusammenarbeit im Rahmen der Ganztagsschule ausbauen. "Wahrscheinlich im nächsten Winterhalbjahr wollen wir jede Woche mit der Schule Programm machen", sagt Christine Götze, Leiterin des Besucherservices am Freilichtmuseum. Sie könne sich auch weitere Kooperationen mit "einigen anderen Schulen" vorstellen.

Auch Brackels Schulleiterin will das beliebte Angebot aufrechterhalten. Doch die Finanzierung macht ihr noch Kopfzerbrechen. Für die halbe Stunde Fahrt aus dem Nordheidedorf an den Hamburger Stadtrand nach Ehestorf muss die Schule einen Bus mieten. 21 000 Euro pro Schuljahr zahlt das Land Niedersachsen an die Grundschule, damit sie Honorarkräfte für den Nachmittagsunterricht beschäftigen kann. Die Busmiete würde ein zu großes Loch in den Etat reißen. Deshalb sucht Schulleiterin Liselotte Schelm noch private Sponsoren.

Die sogenannte verlässliche Grundschule in Niedersachsen mit Honorarkräften für den Ganztagsschulbetrieb ist umstritten. Eltern kritisieren, ihre Kinder würden am Nachmittag nur aufbewahrt, aber nicht von qualifiziertem Personal gefördert. In Berlin-Lichterfelde gibt die Kronach-Grundschule zum kommenden Schuljahr die Ganztagsschule wieder auf und kehrt zum Halbtagsbetrieb zurück. Begründung: Die gewünschte Qualität sei nicht zu erreichen. Für ein attraktives Nachmittagsangebot hat die Haupt- und Realschule in Ottbergen (Kreis Hildesheim) einen besonderen Weg gewählt: Sie engagierte Mitarbeiter der Sozialagentur Cluster. Die beschäftigt einen Weltmeister in der Funsportart Footbag oder einen Streetdance-Lehrer. Dazu ließ sich die Schulleiterin das von der Schulverwaltung bereitgestellte Geld für zusätzliche Lehrerstunden auszahlen und engagierte damit die "hippen" Mitarbeiter der Sozialagentur.