Die angehenden Ingenieure beklagen den Leistungsdruck, mangelndes Raumangebot und die Studiengebühren.

Harburg. Auf einem roten Teppich im Raum 09 sitzen Studenten, einer jongliert mit Bällen, andere unterhalten sich leise miteinander. Draußen, vor dem Gebäude H auf dem TU-Campus hängt ein Banner, das die TU-Studenten zum Protest aufruft. Bereits seit Mittwoch vergangener Woche wird an der Uni Hamburg gestreikt, nun haben sich auch die Studenten der TU den Demonstrationen angeschlossen. Wenn auch ein wenig zaghafter als ihre Hamburger Kommilitonen. Sie wollen zunächst im besetzten Raum 09 ein Forum für die Studierenden schaffen, wollen sich einig werden, mit welchen Forderungen sie sich den Protesten anschließen.

Doch ein Kritikpunkt eint viele Studenten. "Durch das straff gestaltete Arbeitspensum von Bachelor-Studiengängen bleibt kaum Zeit für Freizeit oder für den Besuch von Vorlesungen, die nicht unbedingt fachspezifisch sind. Man wird zum Fachidioten", sagt Frieder Steinmetz (20), der im ersten Semester allgemeine Ingenieurswissenschaften studiert und sich einen humanistischeren Ansatz für seine Studienzeit wünscht. "Ich würde sehr gerne auch Literaturseminare besuchen. Dazu habe ich aber nicht die Zeit. Dann schaffe ich das große Arbeitspensum nicht." Der Lehrstoff "ist viel zu sehr an die Bedürfnisse der Wirtschaft angepasst. Die Uni müsste unabhängiger sein."

Das nervt auch Marcel Hasselder (22), der bereits fünf Semester Bau- und Ingenieurswesen hinter sich gebracht hat. "Der Druck ist hoch. Wenn man nach fünf Semestern im Rahmen seiner Prüfungsklausuren nicht eine Gesamtanzahl von 90 ECTS-Punkten erreicht hat, wird man exmatrikuliert. Das treibt an." Damit er sich das Studium überhaupt leisten kann, muss er nebenbei arbeiten. "Ich gebe einmal wöchentlich Mathematik-Nachhilfeunterricht. Mehr ist wegen Prüfungsstress nicht drin." Auch eine eigene Wohnung in Harburg kann er sich nicht leisten, lebt in einer Wohngemeinschaft im Grindel-Viertel und fährt jeden Tag mit S-Bahn und Bus zur TU. Außerdem wird er von seinen Eltern unterstützt. "Sonst müsste ich aufhören." Er wünscht sich ein sozial gerechteres Bildungssystem. "Jetzt haben wir ein Studium für Reiche, die können die Gebühren, Miete und Lebenshaltungskosten locker aufbringen. Das muss aber für alle gelten."

Auch Energie- und Umwelttechnikstudentin Micol Brambilla (20) wendet sich gegen Studiengebühren, spricht auch noch einen anderen Aspekt an. "Ich bin jetzt im dritten Semester und möchte gerne ein Jahr im Ausland studieren. Doch leider wird es wohl nur bei dem Wunsch bleiben. Das Arbeitspensum ist zu hoch. Außerdem sind die Fristen für Prüfungen und das Punktevergabesystem nicht kompatibel an Universitäten in anderen Ländern. Das gibt nur Probleme."

Allerdings sorgen auch TU-eigene Besonderheiten für Unmut. "Das Raumangebot ist zu knapp. Wir brauchen mehr Seminarräume. Wenn bald die Doppelabiturjahrgänge hier studieren wollen, wird es noch schlimmer", berichtet ein Student während der Diskussionsrunde im Audimax der TU. Abhilfe verspricht sich der Techniker-Nachwuchs von den neuen Räumlichkeiten im Kasernengebäude. Ein Bauvorhaben, das ,wie berichtet, auch mit dem Erlös aus Studiengebühren - fünf Millionen Euro - verwirklicht werden soll. "Wir wollen im stärkeren Maße mitbestimmen, wie und worin unsere Gelder investiert werden", fordert ein Diskussionsteilnehmer. Bei fünf Millionen Euro sei bestimmt der eine oder andere Seminarraum zusätzlich drin.