Es ist 9.17 Uhr im Amtsgericht Harburg. Der Prozess mit dem Aktenzeichen 620 Ds 3105/08 ist vom Saal 257 in den Saal 33 verlegt worden - im Gericht sind gerade die Bauarbeiter am Werk. Seit zwei Minuten sollte der Angeklagte Klaus H. (48) auf der Anklagebank sitzen.

Harburg. Tut er aber nicht. Es geht um Betrug. Sein Anwalt verlässt den Saal und zückt sein Mobiltelefon. "Mein Mandant nimmt nicht ab", sagt er zwei Minuten später. "Ich werde noch mal vor Saal 257 gucken", sagt Richter Sebastian Waßmann (29) und macht sich auf den Weg. Vergebens.

Im Gerichtsflur sitzt eine Dame auf der Bank, neben ihr ein Begleiter. Frau J. soll als Zeugin aussagen in diesem Prozess, denn der Harburger Klaus H. soll sie betrogen haben - sie und noch eine zweite Dame, Frau C., aber die ist auch noch nicht da.

"Mit der betrügerischen Behauptung, er befinde sich kurzzeitig in einem finanziellen Engpass, erwarte jedoch erhebliche Geldeingänge aus internationalen Geschäften, soll der Angeklagte die Frauen in 14 Fällen zur Hergabe von Geldbeträgen zwischen 500 und 5000 Euro veranlasst haben", sagt die Staatsanwältin.

Der Angeklagte hatte die Damen über das Partnervermittlungsinstitut Freundschaftsservice und Freundschafts-Vermittlungs GmbH kennengelernt. Das Institut residiert in Hamburg an der Rothenbaumchaussee und wirbt im Internet mit dem Motto "denn Glücklichsein ist einfach schöner". "Die Liebe Ihres Lebens ist nur einen Mausklick entfernt", heißt es auf der Homepage. "Bitte zögern Sie nicht, sondern rufen Sie noch heute an. Wir helfen Ihnen auf dem Weg in eine glückliche, harmonische Partnerschaft."

Für die Damen J. und C. lief es leider alles andere als "glücklich" und "harmonisch" - sie verloren viel Geld. Der Richter überlegt, einen "Vorführbefehl" zu erlassen - der Anwalt fragt, ob nicht ein Strafbefehl auch genüge tun würde. "Bis ein Jahr auf Bewährung geht im Strafbefehlsverfahren", sagt der Richter, "das geht mit viel, viel gutem Willen". "Vielleicht ist ein Strafbefehl gut, um die Zeuginnen zu schützen, denn es ist ja sicher unangenehm und peinlich, in diesem Verfahren auszusagen", sagt die Staatsanwältin.

So einigen sich Richter, Staatsanwältin und Anwalt auf eine Strafe von einem Jahr auf Bewährung sowie eine Arbeitsauflage von 100 Stunden. Der Angeklagte könnte noch Einspruch einlegen - aber sein Anwalt wird ihn eines Besseren belehren.