In Harburg droht Hausärzte-Mangel. Modell Niedersachsen soll helfen: Medizinische Fachangestellte sollen Hausbesuche machen.

Winsen. Wenn alles planmäßig verläuft, dann könnte "MoNi" schon im Frühjahr 2010 im Landkreis Harburg anlaufen. Denn der Kreis ist einer der niedersächsischen Landkreise, die sich ausgezeichnet für eine Testphase mit "MoNi" eignen würden. Obwohl der Landkreis Harburg im Speckgürtel Hamburgs liegt und eigentlich kein klassisch ländlich geprägter Landkreis ist, droht hier in den nächsten Jahren eine dramatische Unterversorgung durch Hausärzte. Und "MoNi" soll junge Mediziner davon überzeugen, sich wieder auf dem Land niederzulassen.

"MoNi" ist die Abkürzung für Modell Niedersachsen. Dahinter verbirgt sich der Versuch der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen den drohenden Hausärztemangel dadurch aufzufangen, dass künftig medizinische Fachangestellte, ehemals Arzthelferinnen, mehr Kompetenzen und Aufgaben erhalten. Sie sollen in der Praxis dem Arzt mehr Arbeiten abnehmen können und den Arzt auch bei Hausbesuchen vertreten. Sie könnten künftig bei Hausbesuchen die Aufgaben übernehmen, die sie bereits in der Arztpraxis erledigen, wie beispielsweise den Blutdruck messen, Verbände wechseln, Blut abnehmen und vor allem den meist älteren Patienten, die sonst vom Arzt besucht werden, als Gesprächspartner dienen.

Die Arbeitsbelastung für Hausärzte ist so hoch, dass es für junge Mediziner inzwischen kaum noch verlockend erscheint, eine Praxis auf dem Land zu eröffnen. Würde sich aber die Belastung reduzieren, könnte das als Anreiz dienen.

Detlef Haffke, Sprecher der kassenärztlichen Vereinigung (KV) Niedersachsen sagt: "Wir als KV müssen die ärztliche Versorgung auch auf dem Land sicherstellen, aber wir können keine Ärzte backen. Also müssen wir Anreize dafür schaffen, dass der ländliche Raum für junge Ärzte wieder attraktiv erscheint." Ist das Budget eines Hausarztes aufgebraucht, macht er zum Ende des Quartals die Hausbesuche bei seinen Patienten auf eigene Rechnung. Schickt er aber seine speziell fortgebildete medizinische Fachangestellte ebenfalls zu Hausbesuchen, werden die, spielen denn die Krankenkassen mit, gesondert abgerechnet. Das Budget des Arztes würde nicht belastet. Und die Mitarbeiterin des Arztes profitiert finanziell.

Im Jahr 2020 droht dem Landkreis Harburg mit seinen derzeit rund 243 000 Einwohnern eine Unterversorgung durch Hausärzte. Laut statistischer Hochrechnungen leben im kreis Harburg im Jahr 2020 schon rund 247 000 Menschen. Derzeit werden die Menschen hier von 271 Ärzten versorgt, davon zählen 118 zu den klassischen Hausärzten. Die KV rechnet damit, dass im Jahr 2020 insgesamt nur noch 176 Mediziner den Landkreis ärztlich versorgen. Haffke: "Im schlimmsten Fall droht dem Landkreis Harburg also ab 2020 eine dramatische Unterversorgung insgesamt, aber vor allem auch eine Unterversorgung mit Hausärzten. Dem gilt es entgegen zu steuern."

Zum jetzigen Zeitpunkt besteht im Kreis Harburg eine hausärztliche Versorgung von 85 Prozent. 2020 dürfte es dann nur noch eine 75-prozentige Versorgung sein. Haffke: "Sollten in der nächsten Zeit auch nur drei Hausärzte ihre Praxis im Landkreis Harburg aufgeben, müssten wir hier schon jetzt von einer Unterversorgung sprechen."

Schon jetzt, bevor "MoNi" testweise an den Start gegangen ist, sei, so Haffke, die Resonanz unter der Ärzteschaft, sich an dieser Testphase zu beteiligen und ihre Angestellten für diese erweiterten Aufgaben fortbilden zu lassen, sehr groß. Haffke: "Wir haben sogar schon konkrete Anfragen von Ärzten, die mitmachen wollen." Modell "MoNi" soll bis Ende 2010 laufen. Und bei Erfolg würde Modell Niedersachsen dann flächendeckend installiert werden. Ob "MoNi" allerdings schon im Frühjahr 2010 im Kreis Harburg starten könne, so Haffke, hänge noch von einigen Gesprächen ab. Ebenfalls noch nicht ganz abgeklärt sei die Frage, welche Krankenkassen sich in welchen Umfang an dem Projekt beteiligten. In einigen anderen Ländern ist das Projekt bereits probeweise angelaufen.