Harburg. Mit gesenktem Kopf sitzt der Angeklagte auf der Holzbank im Amtsgericht. Sergeij H. (22) sitzt hier, weil er einen DVD-Player entwendet haben soll, um seine Drogensucht zu befriedigen. Dafür sei er in das Zimmer eines 63-Jährigen eingedrungen, der hilflos in seinem Bett im Seniorenheim am Petersweg lag, lautet die Anklage. "Niemals hätte ich das gemacht! Ehrlich" beteuert er, als er vor die Richterin Friederike Weber (31) tritt. Erinnern aber könne er sich an nichts, dazu habe er zu viel Wodka getrunken.

Die Polizei hatte den in Kasachstan geborenen Sergeij H. am 27. Mai mit 2,7 Promille Alkohol im Blut festgenommen. Durch ein Fenster soll der 22-Jährige in das Zimmer eingestiegen sein, es durchsucht haben, um sich dann mit dem DVD-Player wieder davonzumachen. "Das Fenster war beschädigt und die Kabel hingen aus dem offen stehenden Phonoschrank heraus", sagt der Polizist Michael S. als Zeuge der Staatsanwaltschaft aus. Dem Erinnerungsvermögen des Angeklagten hilft er damit aber nicht auf die Sprünge. Die Beweislast spricht dafür Bände: Er hinterließ Finger- und Fußabdrücke am Fenster und wurde auf dem Gelände des Seniorenheims aufgegriffen. Das Diebesgut habe er zuvor von sich geworfen, rekonstruiert der Staatsanwalt den Tathergang.

Das Motiv für die Tat liegt für die Richterin auf der Hand: H. habe Geld für seinen Marihuana-Konsum benötigt. Der Angeklagte ist bereits wegen unerlaubten Drogenbesitzes vorbestraft und Mittwoch stünde eigentlich ein weiterer Prozess an. Damit H. nicht noch einmal vor Gericht erscheinen muss, schlägt Weber vor, beide Fälle zusammen zu verhandeln. Das lässt der junge Mann sich nicht zweimal fragen und gibt gleich unumwunden den Drogenbesitz zu.

Zum Einbruch im Seniorenheim ist ihm weiterhin kein Wort zu entlocken. Er bittet aber inständig darum, nicht zu hart mit ihm zu verfahren, da er seit Ende Juli als Lagerarbeiter tätig sei und sein Arbeitgeber ihm eine positive Zukunft in Aussicht gestellt habe. "Diese ganze Sache wäre da wirklich ein Stein im Weg", sagt er. Es tue ihm schrecklich leid.

Der reichhaltige Alkohol-Genuss mildere zwar den Strafbestand, sagt die Richterin, bevor sie das Urteil verkündet. Wer aber trinke, müsse für die Folgen seines Tuns einstehen, appelliert Weber. Sie berücksichtige aber, dass der Angeklagte H. noch keine gravierende kriminelle Vorgeschichte habe. "Sechs Monate und zwei Wochen Freiheitsstrafe auf Bewährung" lautet ihr abschließendes Urteil. Die Bewährung setzt sie für zwei Jahre aus. Der Angeklagte wirkt erleichtert und wünschte dem Gericht noch einen "schönen Tag".