Bequem sind wir und Zeit hat auch keine/r mehr. Sogar sprachlich halten wir es gerne kurz. Überall stehen PCs, im Internet gibt es e-Journale, und statt Liebe Grüße senden wir “LG“.

Aber alles hat (mindestens) zwei Seiten. Auch Abkürzungen. Wie neulich, als wir meine Schwiegermutter mit Rollator an die Ostsee einluden. Per Bus und Bahn.

Los ging es in Harburg-Rathaus und bis zum Hauptbahnhof lief alles nach Plan. Mit den leicht zu bedienenden Aufzügen kamen wir schnell und mühelos an das jeweilige Etappenziel. Jetzt mussten wir nach unten zu Gleis 7. Im Fahrstuhl sahen wir uns drei dicken, spartanisch beschrifteten Metallknöpfen gegenüber: Wir überlegten kurz, ob "W", "B" oder "G" nach unten zum Zug führen würde. "G wie Gleis", entschied ich und beförderte uns in ungeahnte Höhen. Hinauf zur "Galerie", wie uns eine blecherne Stimme emotionslos aufklärte. Der Fahrstuhl hielt und beendete den plötzlichen Aufstieg. Wir tauschten verdutzte Blicke. Meine Augen fielen plötzlich auf einen krakeligen Schriftzug über dem B-Knopf. "Zug" stand da. Wir drückten B und bewegten uns endlich abwärts.

Auf dem Weg nach unten kamen weitere Aha-Erlebnisse. "W heißt dann wohl ..." "Wandelhalle", ertönte es aus dem Lautsprecher und zwei Reisende stiegen an unserem Ausgangspunkt zu. "Und B steht für Bahnsteig", erklärte meine Frau, drückte erneut auf B und wurde von der Blechstimme bestätigt. "Also, da hätten wir ja gleich die Treppen nehmen können", befand meine Schwiegermutter. Richtig. Aber warum einfach, wenn es umständlich geht?