Seit Jahrhunderten wird hier über die Elbe gesetzt. Heute kommt viel Kundschaft auf zwei Rädern - oft auch nur, um zu sehen und gesehen zu werden.

Winsen. "Bei Zollenspieker wurden wir auf einer großen Fähre über den Elbstrom gesetzt, der mit einer ungeheuern Fahrt nach Hamburg zu lief. Wir stiegen an Land und befanden uns nun im Königreich Hannover." Mit diesen Zeilen beschreibt der dänische Märchendichter Hans Christian Andersen in seinem Reisetagebuch 1831 die Überfahrt von Zollenspieker nach Hoopte. Um von Hamburg aus nach Süden zu reisen, wurde diese Fährverbindung in den vergangenen Jahrhunderten rege genutzt. Bereits im Mittelalter lief hier eine Hansische Handelsstraße, die sich zu einer wichtigen Verkehrsader entwickelte.

Seit 1252 soll die Fährverbindung Zollenspieker-Hoopte bereits bestehen, so ist auf der Internetseite des heutigen Fährmanns "Käpt'n Kuddl" nachzulesen. Der Hamburger Topograph J.L. von Heß hält in seinen Aufzeichnungen aus dem Jahr 1811 fest, dass die Fähre auch für den Transport von Ochsen, die auf den sogenannten Ochsenwegen von Jütland und Schleswig als Mastvieh nach Süden getrieben wurden, eine wichtige Rolle gespielt habe. Er berichtet, dass "in vorigen Zeiten" jährlich rund 18 000 Ochsen "mit dieser Fähre nach dem jenseitigen Elbufer verbracht wurden".

Heute, im Zeitalter von Autobahn und Metronom, spielt die Fähre als Verkehrsverbindung nur noch eine untergeordnete Rolle. Es sind nicht mehr Reisekutschen, Holzfuhrwerke und Ochsenherden, die an den beiden gegenüberliegenden Elbufern zusammentreffen, sondern Ausflügler mit ihren Autos und Fahrrädern. Vor allem aber fallen die vielen Motorradfahrer ins Auge. Bei trockenem Wetter steht auf den Parkplätzen ein Motorrad neben dem anderen, und überall sind Menschen im zumeist schwarzen Motorraddress zu sehen.

Direkt an der beliebten Elbuferstraße gelegen, planen viele Biker hier eine Pause ein oder nutzen die Fähre zur Überfahrt. Selbst die als "Frau mit dem Fahrrad" bekannte NDR-Moderatorin Heike Götz kann hier gelegentlich mit Motorroller und Ehemann angetroffen werden. Nach einer kleinen Ausfahrt entlang der Elbe und über die Brücke bei Geesthacht setzt das Paar auf dem Rückweg zu ihrem Wohnort Altengamme gerne von Hoopte nach Zollenspieker über. "Wir genießen es jedes Mal, hier mit der Fähre über die Elbe zu fahren", sagt Götz.

Eine große Gruppe der Motorradfahrer kommt jedoch nicht vorrangig wegen der Fähre an den Hoopter Anleger. "Ich fahre zum Klönen hierher", sagt Ursula Balhorn. "Was soll ich zu Hause sitzen, wenn ich hier immer jemanden treffen kann?" Die Bikerin aus Harburg kennt fast alle der anderen Motorradfahrer, die hier zum Teil fast täglich zusammensitzen. "Ich komme hierher, da ich immer auf Bekannte treffe", erzählt auch Joachim Lüllau, "selbst im Winter, wenn das Auto das Motorrad ersetzen muss."

Für diese Motorradfreunde, die alle in einem Umkreis von etwa 20 Kilometern wohnen, scheint der Fähranleger eine Art gute Stube zu sein. Hier trifft man sich, tauscht sich aus und startet zu gemeinsamen Touren. Man sieht sie auf den breiten Holzbänken bei ihren Zweirädern sitzen oder in kleinen Gruppen bei der Imbissbude stehen. Hanna Bucki, die den Imbiss betreibt, öffnet für ihre treuen Biker-Kunden auch an Winterwochenenden und bei eingestelltem Fährbetrieb. "Hier ist viel Platz, hier ist immer viel los, hier gibt es immer was zu sehen", so erklärt sie sich die Attraktivität des Treffpunkts.

Nicht zuletzt ist es natürlich die Landschaft, die die Motorradfahrer an den seit jeher sehr belebten Platz an der Elbe zieht. "Hier kann man so herrlich vor sich hin sinnieren und über die Elbe schauen", schwärmt Lüllau. Auch Winsens großer Sohn, der Goethe-Freund Johann Peter Eckermann (1792-1854) hat in seinem Gedicht "Die Heimat" dieses schöne Fleckchen Erde bei der Fährstelle Hoopte-Zollenspieker einst besungen: "Aus Silberpappeln seh' ich Häuser schauen / Mit farb'gen Giebeln über grünen Deichen / Und drüben seh' ich Dächer, die im blauen / Im Ferne-Duft des breiten Stroms entweichen. / Vom Damm her zieht bis an des Wassers Rand/Sich Röhricht, Ried und fettes Weideland."