18 Menschen und ein Hund bilden die Gruppe, die Försterin Anke Nannen (57) an diesem sonnigen Nachmittag durch den Wald nahe dem Bispinger Ortsteil Volkwardingen führt. Anlass des Spazierganges ist der Gedanke an den Tod.

Bispingen. Was passiert mit dem Leichnam des verstorbenen Menschen, wie und wo können die Angehörigen trauern, und - nicht zuletzt - wer wird sich einst um die Grabpflege kümmern? Antworten bietet die Friedwald-Bewegung.

Entstanden ist diese alternative Bestattungsform vor rund 15 Jahren in der Schweiz, heute gibt es in Deutschland 26 Friedwälder, sieben davon in Niedersachsen. Sie sind öffentlich zugänglich und glaubensunabhängig gestaltet. Individuelle Formen der Abschiednahme sind möglich.

In Friedwäldern wird die Asche der Verstorbenen in einer biologisch abbaubaren Urne neben den Wurzeln eines Baumes beigesetzt. Interessenten können bereits zu Lebzeiten bei Gruppen- oder Einzelführungen "ihren" Baum aussuchen. Die Bäume werden in ein Register eingetragen und sind ab Eröffnung des Friedwaldes 99 Jahre lang gegen Abholzung geschützt. So leistet das Friedwald-Konzept auch einen Beitrag zur langfristigen Erhaltung der Natur.

Nach den Erfahrungen der Friedwald-Försterin Anke Nannen, die Besucher berät, Hinterbliebene unterstützt und Beisetzungen organisiert, sind es nicht nur Einzelpersonen, Ehepaare und Familien, auch Freunde wollen oft gemeinsam unter dem Blätterdach eines Baumes ihre letzte Ruhestätte finden. Ob kirchlich orientiert oder nicht - eines eint alle Friedwald-Kunden: ihre Naturverbundenheit, sagt Anke Nannen. Sogar Freundschaften seien hier schon entstanden - etwa wenn sich während einer Führung wildfremde Menschen spontan zum gemeinsamen Kauf eines Baumes entschieden hätten.

Den Friedwald Lüneburger Heide gibt es seit 2005. Neben Buche und Eiche können entlang einer etwa zwei Kilometer langen Allee in dem Waldstück, das zum Forstamt Sellhorn gehört, auch Kiefer, Lärche, Douglasie, Tanne, Ilex und Birke gewählt werden. Ein Platz an einem Gemeinschaftsbaum kostet ab 770 Euro, die Preise für Familien- oder Freundschaftsbäume beginnen bei 3350 Euro. Spätere Kosten entstehen nicht - die Grabpflege erledigt die Natur. Von den 780 zur Verfügung stehenden Bäumen ist jeder zweite verkauft, über 400 Beisetzungen haben bisher stattgefunden.

Dass die Natur den Menschen bei ihrer Trauer hilft, ist einer der Grundgedanken des Friedwald-Konzeptes. So sieht es auch Lothar Eilmes (70). Der Rentner aus Schneverdingen entschied sich, seine verstorbene Ehefrau Hertha im Friedwald Lüneburger Heide beisetzen zu lassen. Die Liebe zur Natur hätten beide während 46 Ehejahren miteinander geteilt, erklärt der Witwer.

Eine Buche auf einer kleinen Anhöhe ist jetzt die letzte Ruhestätte für Hertha Eilmes. Auch Lothar Eilmes hat sich einen Platz unter diesem Baum reserviert.

Anke Nannen bietet Führungen durch den Friedwald Lüneburger Heide an, außerdem hält sie Vorträge, zum Beispiel in Altersheimen oder bei Landfrauenvereinen. Weitere Informationen gibt es bei der deutschen Friedwald-Zentrale in Griesheim: 06155/848-100. www.friedwald.de