Die E-Mail kam am Montag um 16.24 Uhr: Der Direktor des Amtsgerichts Winsen, Albert Paulisch (57), machte auf einen Termin aufmerksam, der am Dienstag um 10.40 Uhr - im Sitzungssaal 224 stattfinden sollte.

Winsen. Wörtlich hieß es: "Es wurde kurzfristig angesetzt ein Prozess gegen den 67-jährigen Werner S., Vorsitzender eines gemeinnützigen Vereins aus Winsen, welcher beschuldigt wird, aus dem Vereinsvermögen ein zinsloses - und zwischenzeitlich zurückgezahltes - Darlehen privat an jemand aus dem Verwandtenkreis gewährt zu haben. Dem Angeklagten wird Untreue zu Lasten des Vereins vorgeworfen."

Normalerweise pflegt Albert Paulisch äußerst zeitig auf Prozesse im Winsener Schloss hinzuweisen. In diesem Fall hatte der Amtsrichter Rolf Fuhlendorf (64) das Verfahren gegen den Vorsitzenden des Tierschutzvereins Winsen und Umgebung, Werner Sommer, aber äußerst kurzfristig angesetzt - nämlich am Montag. Der Richter informierte den Direktor, der sagte, "Sie terminieren nach ihren Erfordernissen".

So fand sich der Angeklagte Werner Sommer, seit 27 Jahren Vorsitzender des Tierheims an der Bürgerweide, im Gerichtssaal wieder, und sein Anwalt sagte im Sitzungssaal: "Mein Mandant tritt der Anklage nicht entgegen". Demnach hat Werner Sommer also am 10. Mai 2007 aus Vereinsgeldern ein zinsloses Darlehen in Höhe von 6000 Euro an seine Stieftochter Margrit L. gewährt, "wobei dieses Rechtsgeschäft nicht durch die Vereinssatzung gedeckt war". Das Darlehen wurde am 18. August 2007 und am 5. Februar 2008 in Summen von 1000 und 5000 Euro zurückgezahlt.

Vor dem Verfahren hatte der Anwalt die Staatsanwaltschaft gebeten, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Die Staatsanwaltschaft in Lüneburg hatte bei Richter Fuhlendorf gefragt, was der davon halte. "Nichts", sagte der Richter, "ohne eine Hauptverhandlung läuft wirklich nichts". Denn in jüngster Vergangenheit waren in einem Tennisverband, einem Faslamsverein und einem Sparclub Gelder veruntreut worden. Alle Verfahren waren öffentlich verhandelt worden.

Die Strafe für Werner Sommer: 30 Tagessätze à 35 Euro - macht 1050 Euro für die niedersächsische Landeskasse.