Der freiwillige Naturwissenschafts-Kursus wird zum Modell für Hamburg.

Harburg. Was macht eine Brücke stabil? Warum fliegen Flugzeuge? Was machen Enzyme für mich? Selbst viele Erwachsene können diese Fragen nicht so richtig beantworten - die Kinder der Integrierten Grundschule Grumbrechtstraße schon.

22 Kinder der ersten bis vierten Klassen haben seit Februar in einem freiwilligen Kursus am Nachmittag selbst ausprobiert und geforscht, warum man sogar aus dünnem Papier eine stabile Brücke bauen kann, wie man Öl aus Sonnenblumenkernen gewinnt oder welche Flügelform bei einem Flugzeug den besten Auftrieb bietet.

Jetzt haben Kinder, Projektleiter und Lehrer in der Grundschule Grumbrechtstraße die Ergebnisse eines knappen halben Jahres "Forscherarbeit" vorgestellt - unter großem Interesse: Denn obwohl "nur" 22 Kinder an dem Projekt teilnahmen, wollten sich etwa 120 Kinder, Eltern und Lehrer die Abschlusspräsentation in der Schulaula nicht entgehen lassen.

Mit dem aktuellen Konzept geht das Projekt "Kinderforscher an der TUHH" neue Wege: Bislang mussten die Kinder zum Experimentieren immer in die TU Harburg gehen - jetzt kommen die Experimente in die Schule. "Dieser Kursus ist sozusagen ein Pilotprojekt", sagen die Kinderforscher-Initiatoren Gesine und Andreas Liese. Schon zum kommenden Schuljahr will der Professor der TUHH das Experimentieren in den Mittelpunkt des Sachunterrichts der dritten und vierten Klassen rücken. "Unser Ziel ist es, das Forschen im regulären Unterricht zu verankern", so Liese.

Konkret stellt das Kinderforscher-Team den Lehrern Handbücher, Arbeitsblätter, Hintergrund-Informationen und Materialkisten zur Verfügung. Die Themen für die Experimente reichen von Abwasserreinigung über Lebensmittelverarbeitung und technisches Zeichnen bis hin zum Flugzeugbau. "Da hängt natürlich ganz viel an den Lehrern", sagt Gesine Liese. "Auch wenn die Experimente vorbereitet sind, haben sie viel Arbeit mit Aufbau, Aufräumen und Spülen."

Trotzdem seien die Lehrer, vor allem aber natürlich die Kinder und Eltern durchweg begeistert vom neuen Unterrichtskonzept, sagt Miriam Dettmer, Projektleiterin an der Schule Grumbrechtstraße. "Die Rückmeldung ist sehr positiv. Viele Kinder haben schon mit acht Jahren eine scheinbar fertig erklärte Welt. Und wenn man dann nachfragt 'Was ist denn eigentlich der Hintergrund?', dann gibt das oft ein ganz neues Aha-Erlebnis." Und ihre Kollegin Julia Husung ergänzt: "Wir haben gemerkt, dass die mündliche Beteiligung und das Selbstbewusstsein bei den Kindern ganz klar zunehmen."

Auch Lehrerin Dorothee Walser ist begeistert von den jungen Forschern: "Wenn sie es selbst ausprobieren, behalten die Kinder viel mehr, als wenn sie irgendetwas aus dem Lehrbuch machen. Das ist ganz toll, und das kann man gerade bei den Erstklässlern feststellen."

Schulleiter Rainer Kühlke sieht das Projekt als "Initialzündung für einen neuen Unterricht." Es gebe zurzeit keine kontinuierliche Verbindung von naturwissenschaftlicher Forschung vom Kindergarten bis in die Hochschule. "Genau die wollen wir jetzt schaffen."

Die Grundschule in der Grumbrechtstraße soll nun zum Modell für andere Hamburger Schulen werden. Andreas Liese formuliert drei Ziele für "seine" Kinderforscher: "Das primäre Ziel ist natürlich, Kinder für Naturwissenschaften und Technik zu begeistern." Mittelfristig wünscht sich der Professor, dass an allen Hamburger Schulen im Klassenzimmer geforscht wird. "Und langfristig", schwärmt Liese "hoffen wir, dass das Projekt nach ganz Deutschland ausstrahlt."