270 Saisonarbeitskräfte arbeiten Tag und Nacht, um die Supermärkte mit Eisbergsalat zu versorgen.

Ohlendorf. Die Köpfe rollen. Der Deutschen liebster Salat, der Eisbergsalat, kommt jetzt frisch vom Feld um die Ecke. Die Salaternte in Niedersachsen läuft auf Hochtouren. Sie dauert bis in die erste Novemberwoche an. Auf insgesamt 4000 Hektar werden Gartensalate in Niedersachsen angebaut, das sind 20 Prozent der gesamten Gemüseanbaufläche in dem Land. Salate mögen das maritime Klima in Norddeutschland. Hitze ist dem knackigen Grün zuwider. "Die optimale Temperatur am Tag ist 22 Grad, nachts muss das Thermometer unter 15 Grad sinken", sagt Rudolf Behr (57). Der Vorstandsvorsitzende der Behr AG muss es wissen. Das Unternehmen ist Deutschlands größter Salatbauer.

Ohlendorf in der Gemeinde Seevetal, ein 1700-Einwohner-Ort an der Autobahn 7. Auf den Feldern reicht die Farbe Grün bis zum Horizont. Das Dorf dürfte Deutschlands Salat-Hauptstadt sein. Die Behr AG hat hier ihren Sitz. Ein 11 000 Quadratmeter großes Logistikzentrum mit 7000 Quadratmeter großem Kühllager, zwischen Ohlendorf und Thieshope gelegen, hat das Unternehmen 2008 in Betrieb genommen. Bei Ohlendorf produziert die Behr AG auf rund 1500 Hektar vor allem Eisbergsalat und Kohlrabi, dazu bunte Salate, Salanova, Chinakohl, Sellerie und Mangold. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben Marktführer für Eisbergsalat und "Mini-Romana" in Deutschland. Zu den Kunden zählen die Lebensmittelketten Edeka, Rewe und Aldi. "Wir verkaufen im Jahr 70 Millionen Stück Eisbergsalat", sagt Rudolf Behr. Seine Gemüse Aktiengesellschaft hat noch Standorte in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Spanien, Portugal, Rumänien und Polen - insgesamt 5000 Hektar Freilandgemüse.

Etwa 270 Saisonarbeitskräfte ernten zurzeit Eisbergsalat in Ohlendorf - nicht selten auch in der Nacht. Viele von ihnen kommen aus Polen und Rumänien. Die Erntehelfer und eine ausgeklügelte Logistik sorgen dafür, dass ein Eisbergsalat in weniger als 24 Stunden den Weg vom Feld zu den Handelsketten schafft. So sieht der Weg eines Eisbergsalats für die Grillparty vom Feld in Ohlendorf bis in den Rewe-Markt aus:

16 Uhr: Der Rewe-Konzern ordert am Telefon bei der Behr AG 10 000 Stück Eisbergsalat. Die Bestellung wird an die Schicht auf dem Feld weitergegeben. Eine Schicht schneidet in der Stunde 4000 Köpfe.

16.30 Uhr: Salaternte ist Handarbeit. Ein Erntewagen mit einem internationalen Team aus 30 Saisonarbeitskräften bewegt sich über das Feld. Die Geschwindigkeit ist langsamer als Schritttempo. Für den, der mit dem Messer den Salat schneidet, noch einige Blätter zupft und an die auf dem Wagen sitzenden "Kleberinnen" weiterreicht, bedeutet das aber Arbeit unter Zeitdruck. Frauen wickeln den Salat in Folie. Packerinnen schließlich sortieren die Köpfe in Steigen aus Pappe. "Der Salat", so der Agrarökonom Dr. Carsten Bargmann (48), "wird auf dem Feld foliert, sortiert und transportfähig gemacht."

24 Uhr: Der Eisbergsalat erreicht jetzt die kühle Lagerhalle im Logistikzentrum und wartet auf den Abtransport. Zuvor ist er noch im Vakuum heruntergekühlt worden - 20 Minuten lang bei 3,2 Grad.

5 Uhr: Der Salat verlässt mit dem Lkw den Hof in Ohlendorf - 13 Stunden, nach dem er auf dem Feld geschnitten wurde.

Später Nachmittag: Die Lieferung der Behr AG wird in den Rewe-Zentrallagern abgeladen. Von dort erreicht der Salat am nächsten Tag die Supermärkte. Der Verbraucher hat seinen Eisbergsalat also am zweiten Tag nach dem Schneiden im Einkaufskorb. "Im Lager", sagt Rudolf Behr und meint die Handelsketten, "geht viel Zeit verloren."