Ein Jahr Gefängnis. Ein Jahr kann ihr Mann in den Knast gehen. Die Richterin hat es gerade gesagt.

Harburg/Wilhelmsburg - Bis zu ein Jahr Haft gibt es für das Delikt der Bedrohung. Evelyn K. (24) rutscht im Saal 354 des Amtsgerichts Harburg das Herz in die Hose. Sie atmet tief durch. Ja, ihr Andrej, ihr Ehemann, hat sie bedroht, und zwar heftig. Aber nein und bitte, lieber Gott, bitte steckt meinen Mann nicht in den Knast, denkt Evelyn, die zwei Meter hinter ihrem Andrej im Gerichtssaal sitzt.

Es geht um den frühen Morgen des 1. Februars 2009. Das junge Paar ist gerade zwei Monate verheiratet; Tochter Yolaine (11 Monate) und Evelyns Kind (4) aus einer früheren Beziehung sind gut versorgt. Das Ehepaar K. trifft sich mit Freunden, alles Russlanddeutsche. Man trinkt "zwei, drei Flaschen Wodka". Man feiert und trinkt weiter in einer Wilhelmsburger Disco.

Einer jungen Frau wird übel. Sie muss an die frische Luft. Evelyn kümmert sich um sie. Andrej gerät in Sorge. Seine Frau ist eineinhalb Stunden weg. Endlich kommt sie wieder. Sie tanzt. Irgendein Typ fasst ihre Hand. Das ist einfach zu viel für Andrej.

"Das reichte, dass sie eifersüchtig sind?", fragt Richterin Dagmar Wichmann; sie führt alle Beteiligten mit Gelassenheit und Einfühlungsvermögen durch den Tag. "Natürlich", antwortet Andrej. "Warum natürlich?" "Wir haben zwei Kinder." "Aber sie ist nicht ihr Besitz!" Andrej schweigt. "Haben Sie sich denn ausgesöhnt?" "Ja", sagt Andrej.

Die Gruppe verlässt die Disco. Das Ehepaar K. streitet sich. Evelyn sagt, "ich übernachte bei einer Freundin". Auf der Thielenstraße gehen sie über die Brücke, die über die S-Bahngleise führt. Dann hebt Andrej Evelyn hoch. Wie, bleibt unklar: Ob er sie gerade oder quer hochhebt oder wie ein Kind auf den Arm nimmt. Fakt ist - er sagt es und seine Frau bestätigt es vor Gericht: Laut und deutlich hat er, Andrej, gesagt, "ich werfe dich jetzt die Brücke runter!" Auf die S-Bahn-Gleise. "Er hat mich festgehalten. Ich habe mich an ihm festgehalten", sagt Evelyn. Zeugen sagen, dass Andrej "zwei bis drei Meter" vom Brückengeländer entfernt stand, als er seine Evelyn hoch hob und ihr drohte. Andrej hatte 1,4 Promille.

Das Ehepaar K. lebt gemeinsam in Hamburg-Billstedt. Andrej ist Staplerkranfahrer. Kurzarbeiter. Er hat sich bei ihr entschuldigt. "Es war das erste und letzte Mal." Wenn sie sich streiten, geht es manchmal hoch her, dann sagt der eine zum anderen, "ich nehme dir das Kind weg". "Wir streiten uns jetzt weniger", sagt Evelyn.

Der Staatsanwalt sagt: "Der Anlass war nichtig, man hätte die Eifersuchtsszene aus der Welt schaffen können." Er will eine Geldstrafe zur Bewährung.

Die Richterin sagt: "Ich will die Geschichte nicht kleiner machen, als sie ist, aber auch nicht größer. Das war eine massive Bedrohung in Wort und Tat. Sie haben ihrer Frau richtig Angst gemacht". Trotzdem: Es soll eine Strafe sein, die nur auf dem Papier steht. "Der Staat mischt sich ein, auch wenn das in einer Familie passiert." 200 Euro muss Andrej für andere Opfer zahlen. Seine Frau sagt, "nimm das an!". Und so macht er es.