In der dunkelsten Ecke unseres Kellers lagert seit zwei Jahren eine Flasche feinsten russischen Wodkas.

Ich konnte mir nie erklären, warum ich die Flasche gekauft habe, befürchtete schon Anzeichen geistiger Umnachtung. Niemand bei uns trinkt Wodka, das teure Zeug wäre auch gut für einen Ehekrach gewesen. Ich habe die Flasche also versteckt und das Loch in der Haushaltskasse aus meinem Taschengeldkonto aufgefüllt. Jetzt aber habe ich in einem Zeitungsartikel eine mögliche Erklärung für den unsinnigen Kauf gefunden. Eine Forschergruppe der englischen Universität Leicester versuchte in einem Supermarkt,die Kaufentscheidungen der Kunden mit Musik zu beeinflussen und erzielte dabei verblüffende Erfolge. Wenn französische Chansons aus den Lautsprechern kamen, griffen die Kunden in der Getränkeabteilung vermehrt zu französischen Weinen, bei deutscher Blasmusik landete vorzugsweise deutsches Bier in den Einkaufskörben. Keiner der Kunden konnte sich hinterher überhaupt an die Musik erinnern. Auf diese Weise hat man mir wohl auch den Wodka angedreht. Weil der Verkauf nur schleppend lief, wurden die Kunden mit Klängen wie "Katinka", "Wolgalied" und "Schwarze Augen" berieselt, und schon lag die Flasche in meinem Einkaufswagen.

Was aber wird nun mit dem Wodka? Ich werde den Versuch der englischen Forscher wiederholen und unsere Gäste bei der nächsten größeren Feier mit russischer Musik beschallen, dann wird die Flasche vielleicht ganz schnell leer.