Der sechs Monate alte Junge aus Hammah ist dringend auf eine Knochenmarkspende angewiesen.

Hammah/Stade

Jannis aus Hammah ist erst sechs Monate alt und wirkt auf den ersten Blick wie ein kerngesundes Baby. Doch vor wenigen Wochen diagnostizierten Ärzte des Universitätsklinikums Eppendorf in Hamburg bei ihm die lebensbedrohliche Krankheit Hämophagozytische Lymphohistiozytose, kurz HLH. Jannis war damals gerade mal zehn Wochen alt. Sein Immunsystem ist defekt und richtet sich gegen den eigenen, kleinen Körper.

Der Junge braucht eine Stammzellentransplantation, um wieder gesund zu werden.

"Im Moment geht es ihm recht gut", sagt Vater Jens Lühmann. Medikamente würden seinem Sohn derzeit helfen. Doch lebensrettend sind nur Stammzellen. Das Problem: Jeder fünfte Patient, der auf eine Stammzellen- oder Knochmarktransplantation angewiesen ist, findet keinen passenden Spender - und das obwohl knapp 1,8 Millionen Menschen in der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registriert sind.

Seit Mittwoch steigen die Chancen, einen geeigneten Spender für Jannis zu finden. Vom Elektriker über Verwaltungsangestellten bis zum Bürgermeister ließen sich im CFK-Valley in Stade-Ottenbeck knapp 400 Menschen Blut abnehmen, um mit Hilfe einer sogenannten Typisierung herauszufinden, ob ihr Typ gefragt ist. "Es ist schön zu sehen, wie viele Menschen Jannis helfen wollen", sagt sein Vater, der bei den Kommunalen Betrieben Stade (KBS) arbeitet. Der 32-Jährige ließ sich ebenfalls typisieren. Bisher habe er nur regelmäßig Blut gespendet. Seine Arbeitskollegen unterstützten den Familienvater. Die große Mehrheit der KBS-Mitarbeiter ließ sich ebenfalls Blut abnehmen.

Lühmann ist optimistisch, einen geeigneten Spender für seinen Sohn zu finden: "Wir sind nicht hilflos, und das dürfen wir auch nicht sein. Sonst hat man verloren."

Der Verein CFK-Valley und die DKMS hatten die Typisierungsaktion bereits vor einigen Monaten geplant - ohne vom Schicksal des kleinen Jannis zu wissen. Nun haben sie Stades Bürgermeister Andreas Rieckhof als einen der Schirmherren gewonnen. "Jetzt ist diese Aktion nicht mehr abstrakt, sondern konkret und hat einen Namen", sagt Rieckhof. Vor etwa zwei Wochen hatte sich Lühmann persönlich an ihn gewendet und ihn um Hilfe gebeten.

Der Bürgermeister macht allerdings auch auf die überregionale Bedeutung aufmerksam: "Die DKMS Datenbank ist weltweit die größte und hilft vielen Menschen." So erkrankt in Deutschland etwa alle 45 Minuten ein Patient an Leukämie. Bevor sich das Stadtoberhaupt selbst Blut abnehmen ließ, appellierte Rieckhoff an die Bürger aus der Region, sich ebenfalls typisieren zu lassen.

Jens Walla, Leiter des Stader Airbus-Werkes, unterstützte als CFK-Valley-Mitglied die Aktion und krempelte gemeinsam mit mehr als 100 Airbus-Mitarbeitern ebenfalls die Ärmel für den Aderlass hoch. Der Flugzeugbauer übernimmt wie alle CFK-Valley-Unternehmen die Kosten der Typisierung für seine Mitarbeiter, die jeweils etwa 50 Euro kostet.

Um weitere Aktionen für Jannis finanzieren zu können, hat Lühmann gemeinsam mit seiner Frau Sonja eine Homepage ins Internet gestellt. Dort informieren die jungen Eltern über ihren Sohn, seine Krankheit, die Stammzellentransplantation und Unterstützungsmöglichkeiten. Die Schirmherrschaft haben Rieckhof, Landrat Michael Roesberg und Holger Falcke, Bürgermeister der Samtgemeinde Himmelpforten übernommen. Prominenter Unterstützer ist außerdem der ehemalige Box-Weltmeister Sven Ottke, der sich seit langem für die DKMS einsetzt und dessen Eltern in Hammah wohnen. Die rund 2800 Einwohner der kleinen Gemeinde Hammah unterstützen Jannis mit einem Dorffest am Sonnabend, 23. Mai. Sämtliche Erlöse sind für Jannis bestimmt. Mit dabei sind unter anderem die Feuerwehren aus der Region, Landwirte und Volkstanzgruppe. Motto der Aktion: Hammah macht sich für seinen kleinen Einwohner stark.

Gesammelt wird für die nächste Typisierung am Sonnabend, 6. Juni, in der Sporthalle Hammah (Am Sportplatz) zwischen 11 und 17 Uhr. Spender müssen zwischen 18 und 55 Jahre alt sein. Laut der DKMS kommt es bei höchstens fünf von hundert potenziellen Spendern innerhalb von zehn Jahren zur Stammzellentransplantation.

Es gibt zwei Entnahmeverfahren. Die periphere Stammzellenentnahme ist mit 80 Prozent die häufigste Methode. Dabei wird dem Spender über fünf Tage ambulant und ohne Narkose Blut entnommen. Bei der Knochenmarkentnahme wird unter Vollnarkose etwa ein Liter Knochmark-Blutgemisch aus dem Becken entnommen, das sich beim Spender innerhalb von zwei Wochen vollständig nachbildet. Die Gefahren beschränken sich nach der DKMS im Wesentlichen auf das herkömmliche Narkoserisiko. Weitere Infos zur Transplantation und über den kleinen Jannis gibt es im Internet.

www.helft-jannis.de