Heute scheint es richtig zur Sache zu gehen im Amtsgericht Winsen. Sechs Polizisten patrouillieren vor dem Gericht. Vor dem Sitzungssaal 226 wartet ein Dutzend meist junge Zuhörer. Sie wollen hören, wie der Fall mit dem Aktenzeichen 8 Ds 5104 Js 32741/08 ausgehen wird.

Heute scheint es richtig zur Sache zu gehen im Amtsgericht Winsen. Sechs Polizisten patrouillieren vor dem Gericht. Vor dem Sitzungssaal 226 wartet ein Dutzend meist junge Zuhörer. Sie wollen hören, wie der Fall mit dem Aktenzeichen 8 Ds 5104 Js 32741/08 ausgehen wird. Angeklagt ist der 19 Jahre alte Nils U. aus Stelle. Er habe, so die Staatsanwaltschaft, "einen Gegenstand auf dem Weg zu einer öffentlichen Versammlung mit sich geführt, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist".

Am 8. November 2008 gegen 11 Uhr haben Polizisten Nils U. in Winsen in seinem VW Polo angehalten. Mit ihm im Wagen saßen "vier schwarz gekleidete Personen". Man sei auf dem Weg nach Dannenberg zu einer Castor-Demonstration, gab das Quintett zu verstehen.

So weit, so gut: Jeder darf in Dannenberg demonstrieren. Nun fiel den Polizisten im Auto aber ein "Scorpion Pfefferspray" auf der Hutablage auf. "Mit extremer, sofortiger Wirkung auf Nase, Augen und Schleimhäute. In Amerika setzt die Polizei ausschließlich Pfeffersprays ein, da es wirksamer als CS-Gas ist und sehr zuverlässig wirkt. Darf in Deutschland aber nur zur Abwehr von aggressiven Tieren eingesetzt werden", schreibt der Hersteller. So ein Pfefferspray darf man laut Paragraf 27 Versammlungsgesetz nicht mit auf eine Demo nehmen.

Die Staatsanwaltschaft schlussfolgerte nun, Nils U. habe mit dem Pfefferspray "andere Personen verletzen wollen". Jugendrichterin Dr. Lydia Mumm hielt den Ball flach. "Wir sind verpflichtet, uns an die Gesetze zu halten", sagte die Richterin, "aber über den Sinn und Unsinn von Gesetzen kann man diskutieren. Dass das strafbar sein soll, darüber kann man streiten."

Die Hamburger Anwältin Britta Eder hatte ihrem nicht vorbestraften Mandanten zuvor eingenordet, auf die Herausgabe des Pfeffersprays zu verzichten. Daraufhin stellte die Richterin das Verfahren endgültig ein.

Die "Pfefferspray-Affäre" hatte am 7. Februar die "Antifa Winsen" auf den Plan gerufen. Rund 150 Sympathisanten waren zu einer Demonstration "Gegen Polizeiwillkür & Kontrollwahn" in die Luhestadt gekommen. Hätte Nils U. gesagt, er fahre zu McDonald's und nicht zur Demo, wäre ihm das Verfahren wohl erspart geblieben.