Hamburg. Emily Ruete ist umstritten. Ein Platz, der ihren Namen trug, wurde wieder umbenannt. Warum sie jetzt dennoch eine Gedenktafel hat.

Etliche Spaziergänger an der Schönen Aussicht bleiben neugierig stehen, wenn sie die neue Infotafel am Alsterwanderweg in Hamburg entdecken. Zu sehen sind eine etwas streng blickende Frau auf einem Schwarz-Weiß-Foto, ein Bild eines Sklavenmarkts, eine Erinnerungstafel vom Ohlsdorfer Friedhof.

Das neue Schild zeigt die Lebensgeschichte von Emily Ruete, Tochter des Sultans von Oman und Sansibar, die im 19. Jahrhundert den Hamburger Kaufmann Heinrich Ruete heiratete und in die Hansestadt zog. Zugleich macht das Schild darauf aufmerksam, dass Emily Ruete aus heutiger Sicht als eine durchaus umstrittene Person gilt.

Gedenken an Alster: Emily Ruete schrieb über „arbeitsscheue N****sklaven“

Entsprechend langwierig und kontrovers diskutiert wurde auch die Aufstellung der neuen Infotafel auf der Uhlenhorst. Der Kern der Debatte: Emily Ruete hat mit „Memoiren einer arabischen Prinzessin“ 1886 die mutmaßlich erste Autobiografie einer arabischstämmigen Frau veröffentlicht. Zwar zeigt sich Ruete in dem Buch als Befürworterin eines für die Zeit modernen Frauenbildes, das dem Klischee der rechtelosen muslimischen Frau widerspricht. Gleichzeitig schreibt sie jedoch auch ganz selbstverständlich von „arbeitsscheuen N****sklaven“.

Auf der Gedenktafel geht es auch um Ehrungen der Prinzessin in Hamburg. So wurde bereits 2007 im „Garten der Frauen“ auf dem Ohlsdorfer Friedhof ein Erinnerungsstein aufgestellt, der den Namen Emily Ruete trägt und darauf aufmerksam machen soll, Zuwanderinnen nicht zu diskriminieren. Doch es gab auch immer wieder Kritik.

Hamburger Rathaus: Ausstellung zeigte Lebensgeschichte der Zuwanderin

Zwei Jahre später war im Hamburger Rathaus eine Ausstellung ihrer Lebensgeschichte gewidmet, begleitet von einer Performance der Künstlerin Hannimari Jokinen, die eine Ehrung von Emily Ruete jedoch ablehnte, da sie „die Dienste von Sklaven als normal annahm und von ihnen profitierte“.

Später gab es immer wieder Versuche, mit Straßen- oder Parkbenennungen an Emily Ruetes Geschichte und Verdienste zu erinnern. So beschloss 2019 die Bezirksversammlung Hamburg-Nord, einen Platz im neuen Finkenau-Quartier nach Emily Ruete zu benennen und mit einer Geschichtstafel zu versehen. Doch bereits ein Jahr nach der Einweihung der Schilder wurde die Platzbenennung rückgängig gemacht, nachdem Emily Ruetes Ansichten über Sklaverei und Schwarzafrikaner den politischen Entscheidungsgremien bekannt wurden und die Namensvergabe in der kolonialkritischen Geschichtsbewegung zu Protesten geführt hatte.

Neue Tafel sollte die Person Emily Ruetes nicht nur ehren, sondern auch einordnen

Nach der Entscheidung der Bezirksversammlung und des Bezirksamts Hamburg-Nord, dem Platz zukünftig den Namen Teressa-Platz zu geben (mit Zustimmung des Staatsarchivs), wurde die Erinnerungstafel neu in Auftrag gegeben. Die Fraktionen von Grünen und SPD im Bezirk hatten beschlossen, diese an Ruetes ehemaligem Hamburger Wohnort, an der Schönen Aussicht 29, aufzustellen. Mit der Bedingung, dass die Geschichte ihrer Person und ihre Äußerungen auf der Tafel neu eingeordnet werden.

Mit vielen historischen Bildern wird auf der neuen Infotafel für Emily Ruete auf ihre Beziehung zu Hamburg eingegangen.
Mit vielen historischen Bildern wird auf der neuen Infotafel für Emily Ruete auf ihre Beziehung zu Hamburg eingegangen. © Melanie Wassink | Melanie Wassink

Alster Hamburg: Benennung von Straßen und Plätzen wird geprüft

„Das lange Hin und Her ist sicher für alle Beteiligten nicht gerade zufriedenstellend gelaufen“, sagt Jürgen Kinter von der Geschichtswerkstatt Barmbek über den „Kompromiss“, das Schild schließlich in der Nähe des Anlegers der Alsterschiffe am „Uhlenhorster Fährhaus“ aufzustellen. Die Geschichtswerkstatt war damit beauftragt worden, sowohl die alte als auch die neue Tafel zu erstellen.

Mehr zum Thema

Neben der Diskussion um Emily Ruete gibt es derzeit weitere Debatten um umstrittene historische Figuren, und mehr Plätze oder Straßen in der Stadt könnten noch umbenannt werden. Das Staatsarchiv hat dazu die Themenkomplexe „NS-belastete Straßennamen“ und „kolonial belastete Straßennamen“ aufgearbeitet, ein Beispiel ist die Hindenburgstraße in Winterhude. Auch die neue Benennung der Sedanstraße im Grindelviertel wird derzeit heiß diskutiert.