Hamburg. Zu viele Menschen seien ohne Schwimmwesten in Booten oder auf SUPs unterwegs. Welche Personengruppe besonders gefährdet ist.

Sie ist Fotomotiv und Wahrzeichen, ihr Abbild ziert Postkarten und Poster. Doch die Schönheit der Alster kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Hamburger Gewässer auch Gefahren birgt. Vor einem Umstand warnt die DLRG nun im Besonderen.

„Ein großes Problem auf der Alster sind die Nichtschwimmer, die ohne Schwimmwesten unterwegs sind“, sagt Michael Aldag-Kleinschmidt, Technischer Beauftragter und Bootsführer der DLRG Wandsbek. Der 60-Jährige patrouilliert ehrenamtlich seit mehr als vier Jahrzehnten auf der Alster.

Alster Hamburg: DLRG warnt, dass zu wenige Schwimmwesten getragen werden

Zunehmend beobachten die DLRG-Mitarbeiter, dass schlicht zu wenig Schwimmwesten auf der Alster getragen werden. Das betreffe kleinere Kinder wie erwachsene Nichtschwimmer. „Ob in den Booten, auf den Stand-up-Paddling-Boards (SUPs) von Verleihen oder in privaten Kanus oder Schlauchbooten“, sagt Aldag-Kleinschmidt, „das Thema wird nicht ernst genug genommen.“

Denn weiterhin sei die Zahl der Kinder, die keinen Seepferdchen-Kursus absolviert hätten, alarmierend hoch. Anja Kleinschmidt, Ehefrau von Michael Kleinschmidt, koordiniert die Schwimmkurse der Wasserrettungsorganisation. „Wir hinken hinterher, die Kinder sind mindestens zwei Jahre verzögert mit ihren Schwimmabzeichen dran.“

DLRG spricht von „trügerischer Sicherheit“ bei Seepferdchen-Abzeichen

Schwimmwesten spielen auf der Alster eine untergeordnete Rolle. Ein Fehler, so die DLRG.
Schwimmwesten spielen auf der Alster eine untergeordnete Rolle. Ein Fehler, so die DLRG. © Marcelo Hernandez

Bedeutet: Vor Corona hatten Fünfjährige ihr Seepferdchen, dann in der ersten Klasse das Bronze-Abzeichen. „Heute sind die Kinder schon acht oder neun Jahre alt, wenn sie sie so weit sind – oder kommen in die Grundschule, ohne überhaupt schwimmen zu können.“

Dazu macht sie deutlich: „Es ist eine trügerische Sicherheit zu denken, ein Kind mit Seepferdchen-Abzeichen könne sicher schwimmen. Das ist falsch.“ Erst mit dem Bronze-Schein, dem sogenannten Freischwimmer, gehe es in die richtige Richtung. „Aus diesem Grund ist es völlig unverständlich, dass so viele Kinder auf der Alster ohne Schwimmweste unterwegs sind.“

Aldag-Kleinschmidt fügt hinzu: „Besonders erschreckend empfinden wir von der DLRG Wandsbek, dass Eltern oftmals ihrer Verantwortung nicht ganz bewusst sind: Sie nehmen ihre kleinen Kinder ohne Schwimmweste mit auf die Alster, obschon sie wissen, dass ihr Nachwuchs nicht sicher schwimmen kann.“

Missverständnis? Schwimmwesten brauche man nur im Wasser, nicht darauf

Denn das sei ein Umstand, der immer mehr beobachtet werde: „Da gibt es zwei Gruppen: Kinder, die noch keine sicheren Schwimmer sind und ohne Schwimmweste auf Booten oder SUPs umherfahren, und die erwachsenen Nichtschwimmer, die glauben, sie seien sicher, weil sie sich ja nur auf dem Wasser und nicht darin aufhielten.“

Für die DLRG-Fachleute eine unterschätzte Gefahr, die besonders eine bestimmte Personengruppe betreffe. „Viele der Freizeitsportler haben einen Migrationshintergrund und sind oftmals der deutschen Sprache nicht mächtig, hier müssen entsprechende Verhaltensregeln in unterschiedlichen Sprachen und Piktogrammen erstellt und ausgehängt werden“, sagt Aldag-Kleinschmidt.

Ehepaar Kleinschmidt: Schwimmwesten gibt es ab 29 Euro zu kaufen

Das Ehepaar Kleinschmidt hat selbst drei jüngere Enkel und stattet diese – auch wenn sie durch das Training mit Oma und Opa besser schwimmen könnten als die meisten ihrer Altersklasse – grundsätzlich mit Schwimmwesten aus, wenn es aufs Wasser geht.

„Ab 29 Euro bekommt man ohnmachtssichere, DIN-geprüfte Westen mit Kragen zu kaufen“, sagt Kleinschmidt, „das ist ein Muss auf der Alster für alle, die nicht sicher schwimmen können.“ Egal, wie alt sie seien.

Alster Hamburg: Bootsverleiher bieten gratis Schwimmwesten an

Die DLRG-Ehrenamtler sehen auch die Kanu- und SUP-Verleiher in der Pflicht, abzufragen, ob Schwimmwesten bei ihren Kunden benötigt würden. Bei denen, die dazu befragt wurden, scheint das der Fall zu sein.

„Wir raten grundsätzlich jedem, eine Schwimmweste zu tragen“, heißt es etwa aus dem Supper Club am Isekai. Diese seien in jeder Größe erhält und gratis im Mietangebot enthalten. Auch Mariana Silwar vom Bootshaus Silwar im Haynspark sagt: „Wer bei uns ein Kanu oder ein Kajak ausleiht, ist in der Regel sehr verantwortungsbewusst.“ Das gelte für alle Altersgruppen.

Eltern würden darum gebeten, nicht sicher schwimmenden Kindern eine Schwimmweste anzuziehen. Diese wären in jeder Größe verfügbar. Widerstand dagegen habe sie noch nie erlebt – weder bei den Eltern noch bei den Schulklassen, die kämen.

SUP-Verleih verlangt Einverständniserklärung der Eltern

Die SUP Legion an der Körnerstraße verlangt von Jugendlichen, die sich ein Board ausleihen wollen, eine Einverständniserklärung der Eltern. „Minderjährige sollten nicht alleine aufs Wasser gelassen werden“, sagt Mieke Tasch, die seit 2016 als Stand-up-Paddling-Trainerin auf der Alster unterwegs ist. „Die Alster wird unterschätzt. Viele halten sie für ein großes Freibad.“

Mieke Tasch ist seit 2016 Trainerin für Stand-up-Paddling und warnt: „Die Alster wird von vielen unterschätzt.“
Mieke Tasch ist seit 2016 Trainerin für Stand-up-Paddling und warnt: „Die Alster wird von vielen unterschätzt.“ © Marcelo Hernandez

Anders als in Tret- und Ruderbooten könne es aber insbesondere auf einem SUP oder im Schlauchboot schnell gefährlich werden. „Was Wetter, Wind und Welle hier ausmachen können, ahnen viele nicht.“

Erst letzte Woche habe es, nach Windstärken mit einer Geschwindigkeit von 55 Kilometern pro Stunde, einen größeren Rettungseinsatz mit Polizei, Feuerwehr und Hubschrauber gegeben. „Wer kentert und ins Wasser fällt, kann auch auf der Alster schnell in Panik geraten.“

Alster Hamburg: Kinder ohne Schwimmhilfen auf SUPs – Aufklärung fehlt

Vor sechs Jahren, als es mit den SUPs auf der Alster anfing, habe sie gefordert, dass jeder, der sich ein Board ausleihen wolle, zumindest einen Anfängerkursus, eine Art Führerschein, vorweisen müsse. Daraus sei nichts geworden. Und jetzt, seit man die Boards günstig beim Discounter kaufen könne, sei das auch gar nicht mehr durchsetzbar.

Dann nützen auch die Angebote und Hinweise der Bootsverleiher nichts – und, so beobachtet Mieke Tasch, auch immer wieder Eltern, die ihre Kinder ohne Schwimmhilfen auf SUPs mitführten. „Hier fehlt offenbar die Aufklärung.“