Bürger-Protest gegen Stellflächen-Schwund. CDU und ADAC sprechen von gezielter Vernichtung

Ihre Wohnstraße ist eine Baustelle. Die Parallelstraße ist eine Baustelle. Und der Geheimtipp zum Parken: tja, leider auch Baustelle.

Wo vorher noch Parkplätze waren, haben sich Halteverbotszonen breitgemacht. Irgendwann habe Constanze Thiel entnervt aufgegeben und ihr Auto einfach „halb legal“ abgestellt. Irgendwo in Eppendorf. „Wenn das ganze Viertel gleichzeitig aufgerissen wird und dadurch sämtliche Parkplätze verschwinden, fehlt mir wirklich das Verständnis“, sagt sie. Wofür gebe es das Fachamt Management des öffentlichen Raums? „Hier an der Hahnemannstraße und am Schrammsweg herrscht Missmanagement. Die Baustellenplanung ist nicht durchdacht.“ Ein Beispiel für Parkplatzschwund in der Stadt.

Die Anwohner in Eppendorf haben sich inzwischen zu einer Protestgemeinschaft zusammengeschlossen. Der CDU-Bezirksabgeordnete Christoph Ploß bemängelt: „Es kann nicht sein, dass Parkplätze für Baustellen zweckentfremdet werden und sich dann dort wochenlang nichts bewegt. Die Koordination der Verwaltungsabläufe durch die Regierungspartei SPD läuft sehr schlecht.“ Einen CDU-Antrag zur Verbesserung der Situation hat die SPD im Regionalausschuss abblitzen lassen.

Und auch der ADAC spricht von systematischer Parkplatzvernichtung in der Stadt. Laut Sprecher Christian Hieff werde der Parkdruck derzeit „künstlich erhöht“. Gründe seien die langfristige Zweckentfremdung der Stellflächen durch Baustellen. Aber auch die Abschaffung der Stellplatzpflicht beim Neubau von Wohnungen sei problematisch. Bisher mussten Investoren pro Wohnung 0,3 bis 0,8 neue Parkplätze schaffen. Inzwischen können sie sich von dieser Pflicht befreien lassen. Hinzu komme das Busbeschleunigungsprogramm, für das 230 Parkplätze zeitweise und 83 dauerhaft verschwinden. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Andreas C. Wankum hervor. Und nicht zuletzt koste der Ausbau der Radfahrstreifen auf der Fahrbahn wertvollen Parkraum.

Gemessen an etwa 33.000 Parkplätzen in der Innenstadt und den umliegenden Vierteln klinge das nicht sonderlich viel, sagt ADAC-Sprecher Hieff. Aber in der Summe „wird die Stadt mittelfristig Probleme bekommen“. Selbst wenn immer mehr Hamburger auf Bus, Bahn und Carsharing-Anbieter umsteigen, wie im Mobilitätsprogramm des Senats prognostiziert, würden deshalb nicht zwangsläufig weniger Parkplätze gebraucht, sagt Hieff. „Das Mobilitätsverhalten ändert sich. Aber nicht in dem Tempo, in dem Parkraum abgebaut wird.“

Die Konsequenz seien illegal abgestellte Autos. Und das habe Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit. Zugeparkte Rettungswege wurden jüngst in Eimsbüttel per Abschleppwagen freigeräumt. „Besonders für Kinder stellen wild geparkte Autos Sichthindernisse dar“, sagt der ADAC-Sprecher.

Die Bezirksämter tun sich schwer mit genauen Zahlen. Aber die Tendenz zu weniger Parkplätzen könne nicht abgestritten werden. Und gerade in eng besiedelten Vierteln wie Ottensen, Eimsbüttel oder St. Georg sei der Verlust von Parkplätzen schwierig zu kompensieren.

Das Grundproblem: Größe und Anzahl der Fahrzeuge steigen, aber der öffentliche Raum kann nicht erweitert werden. Zumal die Parkplatzauslastung vielerorts auch ohne Baustellen 100 Prozent betrage. Dementsprechend hoch sei die Beschwerdelage. „Zunehmende Parkplatzsorgen sind dem Bezirksamt bekannt“, heißt es etwa in Eimsbüttel. Und wenn dann wie an der Langen Reihe in St. Georg 28 Parkplätze oder am Berliner Tor mehr als 100 Stellflächen dauerhaft verschwinden sollen, wächst der Unmut.

Dem Parkplatzproblem wird in den Bezirken unterschiedlich begegnet. Im Bezirk Mitte setzt man auf konsequente Parkraumüberwachung, in Eimsbüttel werden – wo immer es geht – Tiefgaragen gebaut, und Altona versucht das Anwohnerparken auszuweiten, um wenigstens Anliegern genügend Stellflächen zu bieten. Es dürfen eben nur keine Baustellen dazwischenkommen. Eimsbüttels Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD): „Wer funktionierende Siele haben will, muss auch mit Lärm und zeitweise weniger Parkplätzen leben.“ Sie kämen, im Fall von Halteverboten wegen Baustellen, früher oder später wieder.

Für Constanze Thiel und die anderen Anwohner in Eppendorf sei das genau die Form von Hohn, die sie von der Politik nicht erwarten. „Wir haben ja kein generelles Problem mit Baustellen. Nur die Koordinierung ist hier im Bezirk Nord schlecht.“ Anwohner würden unnötig strapaziert, Verbesserungsvorschläge von der Politik ignoriert.

Deshalb zielt die Kritik von CDU-Politiker Ploß auf Grundsätzliches: „Die Menschen über ‚Zwang‘ und den politisch gewollten Wegfall von Parkplätzen das Autofahren ‚abgewöhnen‘ zu wollen, ist der völlig falsche Ansatz.“ Zumal viele Hamburger beruflich oder familiär auf das Auto angewiesen seien.